EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) hält
den Euro für ernsthaft bedroht. In der SWR-Talkshow „2+Leif“ sagte
der CDU-Politiker am Montagabend: „Der Euro ist in Gefahr. Europa
macht zu viele Schulden“. Im SWR Fernsehen warnte Oettinger: „In
diesem Jahr nehmen wir in der Europäischen Union in etwa 800
Milliarden neue Schulden auf. Die Märkte misstrauen langsam den
Schwächsten – wie Griechenland – am stärksten, aber auch der ganzen
europäischen Währungszone. Nur wenn wir unsere Ausgaben den Einnahmen
angleichen und damit das Vertrauen in Staatsanleihen steigt, wird der
Euro stabil.“ Derzeit machten die Märkte „einen Umweg um Europa“, so
der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident.
Oettinger lehnte im SWR eine Rückkehr zur D-Mark ab und betonte
die historische Bedeutung des Euro: „Die Währung ist auch ein Garant
für Frieden. Es geht nicht nur um Haftung, es geht auch um die
Friedensordnung. Die Europäische Union insgesamt und ihre Währung
sind zwei Garanten für dauerhaften Frieden, für Partnerschaft und
Freundschaft.“
Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir betonte ebenfalls in
„2+Leif“ die Dramatik der Lage: „Es war noch nie so ernst wie jetzt.“
Özdemir lehnte ebenfalls eine Abschaffung des Euro ab und forderte im
SWR stattdessen eine engere wirtschaftspolitische Zusammenarbeit in
der EU: „Die Einführung des Euro war richtig, sie war gut – gut vor
allem für uns in Deutschland, aber der zweite Schritt, den Kohl
eigentlich wollte, den ist Merkel nicht bereit zu gehen: Nämlich eine
Wirtschaftsunion. Die brauchen wir auch.“
Zugleich kritisierte Özdemir in „2+Leif“ Kanzlerin Merkel käme in
der Frage der europäischen Integration „ganz offensichtlich nicht aus
der Kohl-Schule“. Die Kanzlerin habe keine eigene Vision für Europa,
so der ehemalige EU-Abgeordnete: „Frau Merkel liest morgen die
Zeitung, schaut sich die Umfrage an und davon macht sie ihre Position
abhängig. Zum Schluss kippt sie aber trotzdem.“ Mittlerweile seien
die Grünen die größere Europa-Partei: „Ich habe das Gefühl: Wir sind
die Erben von Helmut Kohl in der Europafrage. Die CDU gibt Europa
auf. Wir sind die letzten Kohlianer was Europa angeht.
Dagegen verteidigte Oettinger im SWR Merkel gegen die Kritik des
luxemburgischen Premierministers Jean-Claude Juncker: „Das klingt
unkollegial und ist falsch. Man muss doch sehen: Die Kanzlerin macht
in den Augen der deutschen Öffentlichkeit und auch des deutschen
Bundestages eher zu viel an Hilfen für die Schwächeren in Europa.“
Auch Oettinger wandte sich gegen Pläne für europäische
Staatsanleihen: „Ich bin gegen Eurobonds. Ich glaube, dass jedes Land
noch immer am Markt selbst unterwegs sein muss.“
Die Meldung wurde vorab verbreitet. Die Sendung wird um 23 Uhr im
SWR Fernsehen ausgestrahlt.
Kontakt:
Peter Bergmann SWR Fernsehen 0173/6168655