Aachener Nachrichten: Geld zurück! / Markus Lanz, die Linken und der Schleim / von Marco Rose

Vor zehn Jahren noch war Markus Lanz der Fachmann
für Promis, Schleim und nackte Tatsachen. Er moderierte
RTL-Sondersendungen zum „Dschungelcamp“ und den
Boulevard-Dauerbrenner „Explosiv“. Aus heutiger Sicht muss man sagen:
Wäre er diesen Formaten doch treu geblieben! Er hätte sich und vor
allem den Fernsehzuschauern einiges erspart. Seitdem der smarte
Südtiroler einmal mehr bei dem Versuch aufflog, eine politisch
unliebsame Gesprächspartnerin bloßzustellen, dürfte diese Erkenntnis
vielleicht auch bei ihm selbst reifen.

Mehr als 172.000 Menschen haben – Stand gestern Nachmittag – eine
Online-Petition unterzeichnet, die die Absetzung der Lanz-Shows im
ZDF fordert. Zieht man die Zahl derer ab, die offensichtlich unter
falschen Namen oder mehrfach unterzeichneten, bleibt dies noch immer
ein eindrucksvolles Zeichen. Es wäre zu billig, diesen Protest als
simplen „Shitstorm“ abzutun. Lanz ist nicht einfach „die nächste arme
Sau“, die von der Netzgemeinde durchs Dorf getrieben wird. Es ist
auch kein „Pöbel“ am Werk, wie das manche Leitartikler formulierten,
die dem kritisierten Moderator zur Seite sprangen – mutmaßlich aus
falsch verstandener Kollegialität. Nein! Diese Online-Petition
richtet sich nicht nur gegen Lanz persönlich. Sie zielt vielmehr
gegen ein System, das sich zwar herrschaftlich vom Bürger
alimentieren lässt, ihn aber gleichzeitig für dämlich erklärt: den
öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Sicher: Niemand wird gezwungen, sich eine Sendung mit Markus Lanz
anzuschauen – weder „Wetten, dass ..?“ noch die werktägliche
Talkshow. Aber jeder zahlt den „Spaß“ über seine Rundfunkgebühren mit
– ober er nun will oder nicht, auch wenn er abschaltet. Es gibt nur
die vage Hoffnung, dass einfach so viele wegsehen, die Quoten derart
in den Keller gehen, dass der Sender reagieren muss. Das gilt im
Prinzip für viele missratene Formate von ARD und ZDF. So konnte man
sich bei den von Lanz moderierten Samstagabendshows schon immer vor
Fremdscham nur so winden. Selbst das treue „Wetten, dass
..?“-Stammpublikum hat inzwischen genug von schalen Witzen und
peinlichen Talks auf dem roten Sofa – und kehrt Lanz den Rücken. Man
kann trefflich darüber streiten, ob der öffentlich-rechtliche
Rundfunk seinen gesetzlichen Auftrag überhaupt noch wahrnimmt, wenn
er die Privaten beim Niveau-Limbo dauerhaft zu unterbieten sucht. Die
rote Linie ist aber spätestens dann überschritten, wenn elementare
Regeln der politischen Ausgewogenheit und der Fairness missachtet
werden. Und das ist im Fall Lanz einfach nicht mehr wegzudiskutieren.

Sahra Wagenknecht muss einem nicht leidtun. Die Linkspartei ebenso
wenig. Wer zu Lanz geht, sollte wissen, auf was er sich einlässt –
jedenfalls dann, wenn das Parteibuch die falsche Farbe hat. Man
befindet sich immerhin in guter Gesellschaft: Auch
NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) wurde von einem
kraftmeiernden Moderator bereits vorgeführt – und zwar auf eine sehr
unangenehme, unsachliche, unjournalistische und plumpe Art. Eine
stilistische Kostprobe aus der jüngsten Sendung, in der es das
Publikum schließlich wagte, der bedrängten Wagenknecht mehrfach zu
applaudieren: Wer derart populistisch argumentiere, der bekomme dafür
halt Beifall, giftete Lanz.

Merke: Wer seine Gesprächspartner so behandelt, der kommentiert in
Zukunft vielleicht besser, wie sich Prominente einen Shake aus
püriertem Buschschwein-Anus einverleiben – wie zuletzt im
RTL-Dschungel geschehen. Prost Mahlzeit!

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