Nach allem, was wir wissen, hat sich in einem 
Offenbacher Schnellrestaurant Entsetzliches zugetragen: Eine zum 
Tatzeitpunkt 22 Jahre junge Frau will einen Streit schlichten und 
wird von einem mehrfach vorbestraften 18-Jährigen aus dem Leben 
geprügelt. Auch wenn wir noch nicht alle Details kennen: Tugces 
Schicksal wirft tiefste Fragen auf. Die erste: Wie kann es sein, dass
die Polizei immer noch Zeugen sucht? Wie viele „Zuschauer“ haben 
einfach weggesehen? Die zweite: Eine Gesellschaft muss tolerant sein,
aber wie weit darf diese Toleranz reichen? Unsere Nachsicht gegenüber
Tätern ist – aus prinzipiell richtigen Erwägungen – groß. Aber wer 
schützt die Opfer und ihre Familien? Ist da wirklich noch alles im 
Lot?
   Vor einigen Jahren kam diese Diskussion im Fall Dominik Brunner 
bereits einmal auf. Auch damals hatte Zivilcourage schlimmste Folgen,
und wir rieben uns die Augen angesichts von Bildern aus der Münchener
U-Bahn, die wir niemals hatten sehen wollen. Es mag heute ebenso wie 
seinerzeit richtig sein, das Bundesverdienstkreuz zu verleihen. Aber 
dadurch allein wird sich nichts ändern.
   Schon ein kurzer Blick ins Internet zeigt das. Neben riesigen 
Wellen der Sympathie finden sich dort auch Sätze aus finstersten 
Abgründen. Wer sie liest, weiß, wohin die Reise gehen muss, wenn 
Tugces Schicksal nicht umsonst gewesen sein soll: Sie muss ans Ende 
der Gleichgültigkeit führen. Der Gleichgültigkeit einer Justiz, die 
zu oft formal korrekt und doch nicht mehr korrigierend arbeitet. Und 
vor allem der Gleichgültigkeit aller, die wegschauen. Es soll und 
darf nicht jeder Held spielen. Es würde schon ausreichen, wenn 
Heldinnen wie Tugce nicht allein bleiben, wenn es darauf ankommt.
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Allgemeine Zeitung Mainz
Werner Wenzel
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