Allg. Zeitung Mainz: Fürs Leben lernen? / Kommentar zur Pisa-Studie

Noch eine Pisa-Studie. Es steht zu hoffen, dass all
die Resultate tatsächlich zu den Analysen und Neuausrichtungen
befähigen, die im Lauf der Jahrzehnte etwas bringen. Sollte es nicht
über die Erkenntnis hinausreichen, dass Lese-, Zahlen- und
Textverständnis bestmöglich gefördert werden müssen und dass bei 20
Prozent eines Jahrgangs die Gefahr besteht, dass kein Schulabschluss
gelingt – das wussten wir auch bislang schon. Beim jüngsten Test ging
es also um Alltagsprobleme. Der vermutlich heiligste Satz der
Pädagogik lautet: „Non scholae, sed vitae discimus“ – nicht für die
Schule, sondern für das Leben lernen wir. Damit scheint es aber, so
jedenfalls sagt Pisa, in Deutschland nicht so toll auszusehen. Wobei
ein Mittelfeldplatz, noch vor den USA und Schweden, so schlecht nun
auch wieder nicht ist, vermutlich aber dem Selbstverständnis einer
führenden Industrienation nicht genügt. Zwei Sätze der Pisa-Forscher
lassen extrem aufhorchen: Wer im Alltag bestehen wolle, müsse mehr
können als reines Schulwissen anzuwenden. Und: Die Lehrpläne sollten
Jugendliche künftig besser darauf vorbereiten, ihr Schulwissen auch
im realen Leben anzuwenden. Da fragt sich: Wird den jungen Menschen
in der Schule womöglich nicht nur Wichtiges, sondern auch überdrehter
Stoff vermittelt, der nur Zeit kostet? Andererseits: Mehr Praxisbezug
beim Schulstoff, gut und schön, aber: Ist denn die Vermittlung von
Überlebenstechniken an Fahrkartenautomaten und MP3-Playern ebenso wie
die Vermittlung von Umgangsformen und allgemein von sozialer
Kompetenz nicht eher Sache des Elternhauses? Gibt es dort dafür zu
wenig Zeit, zu wenig Kraft, zu wenig Lust? Dann muss man dort
ansetzen, denn zaubern kann selbst die beste Schule nicht.

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