Allg. Zeitung Mainz: Keiner daheim? / Kommentar zur SPD / Von Reinhard Breidenbach

Die Situation der deutschen Sozialdemokratie lässt
sich mannigfach in Bildern darstellen – die eines gemeinsam haben:
Schön sind sie nicht. Die SPD hat die Wahl zwischen Pest und Cholera.
Sie kann den sogenannten Kompromiss zum Asylrecht widerwillig
hinnehmen, oder ihn platzen lassen, was Neuwahlen bedeutet. Die SPD
ist seit Wochen das kleine Kind, das aufs Töpfchen gesetzt wird und
nicht mittun darf, wenn sich die großen Schwestern im Sandkasten erst
prügeln und dann eine Burg bauen, deren Qualität umstritten ist. Ewig
nichts gehört von der SPD. Hallo, niemand zuhause im
Willy-Brandt-Haus? Das lässt sich auch nicht als vornehme
Zurückhaltung verkaufen. Man muss das wahrlich nicht mögen, aber
heutzutage gilt: Aus den Augen, aus Facebook – aus dem Sinn. Nun,
aufgewacht aus dem Dornröschenschlaf, ist es ausgerechnet Ex-Kandidat
Schulz, der in der SPD die klarsten Worte findet:
„testosteron-getriebene Politik der Union“, „egomanische Trips
älterer Herren“. Man kann das dezenter ausdrücken, aber Unrecht hat
er nicht. Aber es kommt zu spät. Und vor allem nicht von der
Parteispitze. „Keine geschlossenen Lager“, das ist die rote Linie der
SPD – Merkel oder Seehofer moderieren so was mühelos weg. Man darf
gespannt sein, was Kevin Kühnert und der linke Parteiflügel dazu
sagen. Aber noch ein Sonderparteitag, das wird schlecht gehen. Die
Union fetzt sich, die SPD wird leiden. Verdammt ungerecht, aber zum
Teil auch selbst verschuldet. Das alte Elend: Die Genossen wollen
etwas Gutes, aber die Bürger wissen nicht genau, was. Wie lange hält
eine Partei das aus?

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