Allg. Zeitung Mainz: Mehr nicht – leider / Kommentar zur Papst-Reise nach Nahost

Wer Mauern errichtet, tut das, um sich zu schützen.
Doch wer Mauern errichtet, sperrt sich damit auch ein. Als Papst
Franziskus auf seinem Weg von Bethlehem nach Jerusalem an der
Sperrmauer halten ließ, die das israelische Kernland vom
Westjordanland trennt und in stiller Andacht vor ihr verharrte,
könnte er an diesem trostlosen Ort genau dies empfunden haben. Die
Mauer erfüllt zwar ihren Zweck, denn seit ihrer Errichtung hat es in
Israel keinen Selbstmordanschlag mehr gegeben. Doch seitdem ist die
Sprachlosigkeit zwischen Israelis und Palästinensern noch mehr zu
spüren. Seine Einladung an Israels Präsidenten Peres und seinen
palästinensischen Kollegen Abbas, nach Rom zu kommen und mit ihm
zusammen für den Frieden zu beten, ist eine typische Reaktion dieses
neuen, so ganz wunderbar anderen Papstes. Doch sie wird die derzeit
völlig verfahrene Situation, an der bislang noch jeder Politiker
jedweder Couleur am Ende gescheitert ist, nicht wirklich verändern.
Denn dazu braucht es auf beiden Seiten Politiker, die mächtig genug
sind sich zu trauen, über die Mauern zu schauen. Doch die gibt es –
derzeit zumindest – weder in Israel noch in Palästina. Abbas muss den
Zorn seines Volkes fürchten, wenn er mit der Anerkennung Israels
Ansprüche aufgibt. Benjamin Nethanjahu verlöre die Unterstützung der
Fundamentalen unter seinen Wählern, die von ihm Kompromisslosigkeit
verlangen. Und so wird das Angebot des Franziskus vorerst zumindest
leider das bleiben, was es bei Lichte besehen ist, eine großartige
Geste – mehr nicht.

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