Allg. Zeitung Mainz: Sprengstoff / Kommentar zu Homo-Seilschaften im Vatikan

Dass im Vatikan Seilschaften und Intrigen in einem
Maße die Politik bestimmen wie in kaum einem weltlichen
Herrschaftsapparat, hatten wir schon gelernt. Dass Papst Benedikt
XVI. auch deshalb sein Amt aufgab, weil er sich nicht imstande sah,
dieses Dickicht zu durchschlagen, ist inzwischen überliefert. Nun
überrascht Papst Franziskus unbeabsichtigt die Welt mit der
Botschaft, die römische Kurie sei vor allem von einer Schwulen-Lobby
durchsetzt. Das mag auf den ersten Blick wie homophobischer
Verfolgungswahn eines Sittenwächters wirken.

Tatsächlich aber sind solche homosexuellen Seilschaften, die über
ein nicht autorisiertes Protokoll den Weg in die Öffentlichkeit
gefunden haben, absolut plausibel. In einer Kirche, die nicht nur
gelebte Sexualität ihrer Priester als Regelverstoß ahndet, sondern
homosexuelle Neigungen als Angriff auf die göttliche Schöpfung
betrachtet, braucht es Netzwerke, Absicherungen, ja Seilschaften,
damit Bischof x und Kurienkardinal y nicht täglich um die Aufdeckung
ihrer Geheimnisse fürchten müssen. Wenn diese Seilschaften so
ausgeprägt sind, dass auch der neue Papst noch keine Idee hat, wie er
ihrer Herr werden könne, dann lässt das – ohne jede Häme – auf eine
ungewöhnlich hohe Fallzahl schließen.

Vielleicht, so eine mögliche Deutung, zieht das Priesteramt mit
seinem zölibatären Versprechen ja besonders viele junge Menschen an,
die ihre sexuelle Ausprägung als sündhaft empfinden. Eines wird mit
den Einlassungen Franziskus– jedenfalls deutlich: Der neue Papst hat
nicht nur einen mafiösen Herrschaftsapparat auszumisten. Er wird auch
die Frage beantworten müssen, ob das Zölibat dem Priesteramt in
seinen Verpflichtungen gegenüber den Menschen und gegenüber Gott noch
dient.

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