Allg. Zeitung Mainz: Unredlich / Kommentar von Lars Hennemann zur Flüchtlingspolitik der EU

Man hatte ja zumindest die leise Hoffnung, dass die
relative Nähe zum Thema den einen oder anderen Ruck durch die
europäische Führungsriege gehen lässt: Diese traf sich zum Thema
Migration in Malta. Mitten im Mittelmeer also, über das nach dem
Türkei-Abkommen die Hauptrouten vieler Flüchtlinge verlaufen. Und in
dem auch im Jahr 2016 eine vierstellige Zahl an Menschen – wer weiß
das schon so genau – auf dem Weg nach Europa ertrunken ist.

Wohlfeile Statements gab es durchaus. Vor allem das, dass man sich
besser und koordinierter in den Herkunftsländern um die Menschen
kümmern müsse. Ja dann, liebes Europa, dann tu das doch endlich.
Worauf wartest du? Darauf, dass die absehbare demografische
Entwicklung vor allem in Afrika und am Ende noch der eine oder andere
Krieg die Zahl der Migranten noch einmal deutlich in die Höhe treibt?
Über die Art und Weise, wie wir mit Flüchtlingen umgehen, ist in den
letzten Jahren so viel debattiert und gestritten worden wie über kaum
ein anderes Thema.

Der mit Abstand unredlichste Aspekt wird dabei nur noch selten
erwähnt oder geflissentlich unterschlagen: Die sogenannte
Flüchtlingswelle kam nicht über Nacht. Sie hat sich über Jahre
aufgetürmt. Man hat sie kommen sehen können, sogar trotz Syrien. Das
Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen hat gewarnt und gewarnt, aber
niemand hat es hören wollen. An diesem Punkt sind wir immer noch.
Also muss Europa mehr einfallen als nach der Türkei jetzt Libyen zum
Türsteher machen zu wollen, einen gescheiterten Staat voller Anarchie
und Willkür. Wer so handelt, duckt sich vor den wahren Problemen weg
und verstetigt die Krise.

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