Allg. Zeitung Mainz: Unsäglich / Kommentar von Karl Schlieker zum Löschen im Internet

Das Gegenteil von „gut“ ist „gut gemeint“.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will mit dem gesetzlich
sanktionierten Löschen von Inhalten den ausufernden Hass in sozialen
Netzwerken eindämmen. Beleidigungen oder Volksverhetzung sind kein
Ausdruck von Meinungsfreiheit und sollen deshalb binnen kurzer Zeit
gelöscht werden. Klingt gut, so einfach ist es aber nicht. Denn in
der Realität sind die Grenzen fließend. Was der eine als Beleidigung
empfindet, ist für den anderen keine Aufregung wert. Der
Konstruktionsfehler des Maas-Gesetzes ist die Verlagerung der
Kompetenzen auf private Unternehmen. Es ist verfassungsrechtlich
bedenklich, dass US-Konzerne wie Twitter oder Facebook praktisch als
private Medienwächter darüber entscheiden, was der Nutzer zu sehen
und zu lesen bekommt. Potenziert wird das Problem dadurch, dass den
Internetplattformen hohe Geldstrafen angedroht werden. Um auf Nummer
sicher zu gehen, werden sie die Meinungsfreiheit möglichst restriktiv
auslegen. Private Netzwerke können aber weder rechtlich noch faktisch
ein Gerichtsverfahren ersetzen, lautet zurecht die Kritik des
Verlegerverbandes. Umso ärgerlicher ist es, dass bereits bei der
Verabschiedung des Gesetzes vor den Zensur-Folgen gewarnt wurde, die
nun in den wenigen Tagen nach Inkrafttreten des Gesetzes bereits
eingetreten sind. Eine gute Intention reicht nicht aus, um ein
schlechtes Gesetz zu rechtfertigen. Die nächste Bundesregierung
sollte das unsägliche Werk möglichst schnell einkassieren.

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Tommy Rhein
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