Allgemeine Zeitung Mainz: Altlasten / Kommentar von Reinhard Breidenbach zu Bahn und Klimaschutz

Man muss einmal eine Lanze brechen für die Bahn.
Auch wenn das ganz schwer fällt, nach einem Tag mit 40 Grad. Und den
Folgen, auf die man seinen Kopf hätte wetten können, bei einer
ICE-Fahrt: Vorgängerzug ausgefallen, Zug knallvoll, Menschen in den
Gängen, manche streiten sich wegen Doppelreservierungen, Bistrowagen
stellt wegen technischer Probleme den Betrieb ein, Wasser gibt es im
Wagen zehn, aber von Wagen eins zu Wagen zehn zu gelangen, wäre
Harakiri. Böser Spitznamen für eine solche Tour, wie bei dieser
Gelegenheit zu hören: „Bangladesch-Zug“. Die Bahn ist schuld. Echt,
jetzt? Vielleicht war aber doch eher der fast als Halbgott verehrte
Helmut Schmidt schuld, der in seiner Regierungszeit befand, der Staat
könne sich entweder eine Bundeswehr leisten oder eine Bundesbahn. Mit
den aktuellen Finanzzusagen scheint die Trendwende eingeleitet; ob
das Geld reichen wird, steht dahin, nach 25 Jahren Kaputtsparerei an
der Infrastruktur. Die Bahn hat genug Kunden. Sie braucht mehr Züge,
mehr Personal, beides bekommt sie, wenn auch nur mit Mühe. Aber wenn
eine Strecke neu elektrifiziert werden soll, dauert die Planungsphase
laut Bahnchef Lutz 15 Jahre. So wird das nichts. Zustatten kommt der
Bahn – seit Kurzem und in dieser Massivität relativ überraschend –
ein neues Klimabewusstsein. So es denn dauerhaft bleibt. Mit legalen
Mitteln die Bahn im Vergleich zur teils absurden
Kurzstreckenfliegerei (Beispiel: von Nürnberg nach Stuttgart – über
Frankfurt!) künftig zu bevorzugen, ist ein ausgezeichneter Gedanke.
Um die Prosperität von Frankfurt, Fraport oder Lufthansa muss sich
dennoch niemand Gedanken machen.

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