Allgemeine Zeitung Mainz: Demut reicht nicht / Kommentar zum VW-Abgasbetrug in den USA, von Achim Preu

In Detroit, wo traditionell das Autojahr eingeläutet
wird, sind neue VW-Modelle zwar wichtig. Mehr interessiert freilich,
ob der neue VW-Chef Müller genug Demut im Gepäck hat, den richtigen
Ton trifft. Er muss endlich von Betrug statt Enttäuschung sprechen.
Und der US-Umweltbehörde Antworten präsentieren. Ein neu entwickelter
Kat könnte das sein. Muss es sein. Denn es geht darum,
existenzbedrohende Strafzahlungen in den Staaten auf ein
verkraftbares Niveau zu senken. Vor allem aber, Vertrauen
zurückzugewinnen. Dabei werden die Hoffnungen dadurch genährt, dass
Amerikanern ein Kurzzeitgedächtnis attestiert wird. Von der US-Justiz
lässt sich das nicht sagen. Schwere Sanktionen garniert mit etwas
Industriepolitik sind dort an der Tagesordnung, was die Wolfsburger
Geisterfahrt um so irrwitziger erscheinen lässt. In den USA hat VW
zwar nie Bäume ausgerissen. Aber ohne Erfolge dort bleibt man nicht
in der Weltspitze. Deshalb ist es clever, jetzt monetär untermauerten
guten Willen zu zeigen. Durch mehr Einkaufsgutscheine für geschädigte
Kunden (warum gibt es das hierzulande nicht?) und der Ankündigung,
nochmals kräftig ins US-Werk Chattanooga zu investieren und 2000 Jobs
zu schaffen. Durch die Abgasmanipulation wurde zwar niemand getötet –
im Gegensatz zum Zündschloss-Skandal bei der Opel-Mutter GM. Und: Die
Renaissance der Spritfresser in den Staaten, sie ist für Umwelt und
Menschen um ein vielfaches schädlicher. Aber das ist offenbar weniger
schlimm für Behörden und Verbraucher, als von einer deutschen
Industrie-Ikone hinter die Fichte geführt zu werden.

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