Allgemeine Zeitung Mainz: Richtig hinschauen / Kommentar zum Anstieg der Nebenjobs

Statistiken sind ein gern gebrauchtes Instrument, um
politische Forderungen zu untermauern. Das ist so lange legitim, wie
Statistiken eine klare Aussage haben und keinen Spielraum für
gefällige Interpretationen lassen. Leistet das Zahlenwerk das nicht,
wird Missbrauch draus. Genau das tun die Grünen mit den von ihnen
präsentierten Zahlen zum signifikanten Anstieg der Nebenjobs seit
2003. Denn die Statistiker weisen ausdrücklich darauf hin, dass ihr
Zahlenwerk nicht dazu tauge zu belegen, dass sogenannte Multijobber
einen zweiten Job aus blanker Not annehmen, weil ihr Hauptjob so
extrem mies bezahlt wird, dass es zum Leben nicht reicht.

Das mag zwar in vielen Fällen stimmen. Doch der ganzen Wahrheit
kommt man deutlich näher, wenn man sich anschaut, seit wann sich die
Zahl derer, die einer zweiten Beschäftigung nachgehen, so deutlich
erhöht hat. Und da lichtet sich der Nebel, und der statistisch
angeblich so schlüssig unterfütterten Verurteilung des ach so
ausbeuterischen Kapitalismus hierzulande geht der Kernbeweis
verloren. Denn seit 2003 ist „geringfügig entlohnte Beschäftigung im
Nebenerwerb“, wie es im amtsdeutsch heißt, steuerfrei. Will heißen,
die maximal 450 Euro, die man nach Feierabend oder am Wochenende
dazuverdienen kann, hat man brutto für netto in der Tasche.
Angesichts der mäßigen Lohnsteigerungen der letzten zehn Jahre in
fast allen Branchen, die die Gewerkschaften übrigens unisono
mitgetragen haben, sind 450 Euro im Monat bar auf die Hand ein
schönes Stück Geld, von dem man sich so manches extra leisten kann. –
Wer aus Statistiken politisches Kapital schlagen will, sollte sie
sich von Statistikern erklären lassen, bevor er den Mund zu voll
nimmt.

Von Peter Königsberger

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