Es wäre natürlich jetzt wieder so einfach, sofort
darauf hinzuweisen, dass wir Konsumenten schon selbst schuld sind.
Schuld, dass massenweise Billigstware gekauft wird, obwohl jedem klar
sein muss, dass eine Hose, die für ein paar Euro verkauft wird, nur
unter üblen Bedingungen hergestellt worden sein kann. Ja, es ist so
einfach. Wenn man es bei dieser Sichtweise belassen will. Man kann
dieses Thema aber auch einmal ganz anders sehen. Der Preis ist
nämlich nicht alles. Auch das aktuelle Trikot der
Fußballnationalmannschaft zum Beispiel wird für vergleichsweise wenig
Geld hergestellt und trotzdem zu Mondpreisen verkauft. Nach Lage der
Dinge wird es zwar nicht in einstürzenden Hochhäusern in Bangladesch
zusammengenäht, aber definitiv auch nicht im Arbeitnehmerparadies.
Das Beispiel des Vier-Sterne-Leibchens zeigt ganz klar: Es sind nicht
ausschließlich der unheilvolle Geiz vieler oder die Not derjenigen,
die tatsächlich jeden Cent drei Mal umdrehen müssen, die für
bedenkliche Zustände auf dem Textilmarkt sorgen. Ohne politische
Schranken kann dieser Markt von vorneherein gar kein anderer sein als
ein schrankenloser. Deshalb mag der Versuch des Entwicklungsministers
erst einmal rührend wirken, aber er sollte trotzdem umgesetzt werden.
Lieber klein anfangen und auf sozialen Druck hoffen, als die Waffen
zu strecken. Natürlich wird es immer reichlich Kunden geben, für die
erst die Klamotten und dann die Moral kommt, obwohl sie sich ein
wenig Moral durchaus leisten könnten. Um sie darf es erst einmal
nicht gehen. Aber um die anderen, deren Gewissen noch nicht völlig
betäubt ist und denen man nachvollziehbar bessere Angebote machen
muss. Funktionieren sie nicht, ist das Urteil über das Textilbündnis
gefällt. Aber erst dann.
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Allgemeine Zeitung Mainz
Wolfgang Bürkle
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