ARD-Europamagazin: Juncker will beim Besuch des polnischen Ministerpräsidenten auf Rechtsstaatlichkeit pochen

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Quelle „ARD-Europamagazin“.

Brüssel / Köln – Im Vorfeld des Besuchs des neuen polnischen
Regierungschefs Mateusz Morawiecki in Brüssel machte
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Junker gegenüber dem
ARD-Europamagazin deutlich, was er von der polnischen Regierung
erwartet. Im Interview mit Markus Preiss, Leiter des ARD-Studios
Brüssel, sagte er: „Ich erwarte, dass Polen sich um ein größeres
Verständnis, was unsere Position anbelangt, bemüht. Wir müssen auf
Rechtsstaatlichkeit pochen. Wir müssen auf Gewaltentrennung pochen.
Wir müssen auf Pressefreiheit pochen. Und ich möchte davon ausgehen
wollen, dass ich mich mit dem polnischen Ministerpräsidenten, wenn
auch nicht einige, so doch ein Klima schaffe, das das
Aufeinanderzugehen einfacher macht.“

Das Treffen steht im Schatten des Verfahrens, das die EU gegen
Polen wegen möglicher Verletzung demokratischer Grundwerte
eingeleitet hat. Juncker will den Besuch aber nutzen, den
Gesprächsfaden wieder aufzunehmen: „Ich bin froh, dass er kommt.“
Juncker hält auch nichts davon, mit der Kürzung von Fördergeldern zu
drohen, sollte Polen bei wichtigen Fragen nicht einlenken: „Ich bin
der Meinung, dass es nicht angebracht wäre, wenn der
Kommissionspräsident jetzt drohend in die Debatte angreifen würde.
Ich würde gerne vermittelnd in die Debatte eingreifen.“

Dennoch will er in prinzipiellen Fragen an seinen Forderungen
gegenüber Polen und anderen mitteleuropäischer Staaten festhalten.
Dazu zählt auch die Aufnahme von Flüchtlingen: „Die Größenordnung
wurde festgelegt durch einen Mehrheitsbeschluss des Ministerrates.
Jeder weiß, was er zu tun hat … Das wären mehr als mehrere
hundert.“ Und weiter: „Ich akzeptiere nicht, dass man sagt, wir
nehmen auf unserem Staatsgebiet keine farbigen Menschen auf, wir
nehmen keine Schwulen auf, keine Islam-Gläubigen auf. Das verstößt
massiv gegen die europäischen Grundwerte.“

Auf die Frage, ob nicht auch die westeuropäischen Staaten und
Brüssel dazu beigetragen haben, dass es zu der Spaltung in der EU
gekommen sei, meint Juncker: „Nein, ich bin den Mittel- und
Osteuropäern immer mit offenen Armen entgegen getreten. Ich war
Premierminister als die Erweiterung beschlossen wurde. Die wurde
unter meinem Vorsitz des Europäischen Rats 1997 beschlossen. Ich
wünschte mir, dass einige Mitgliedsstaaten, die dauernd das Gefühl
haben, abgehängt zu werden von anderen sich weiter entwickelt
habenden Staaten, zu mehr Selbstvertrauen finden würden. Man ist
nicht stark in Europa, dadurch dass man Nein sagt. Man ist stark,
wenn man sein Ja mit den Jas der anderen in Kombination bringt.“

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WDR Presse und Information
Kristina Bausch
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