Der Paritätische Wohlfahrtsverband meldet in seinem Armutsbericht 2011, dass die relative Einkommensarmut in Deutschland konstant geblieben ist. Der Anteil jener, deren Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens beträgt, lag 2010 demnach fast unverändert gegenüber den Vorjahren bei 14,5 Prozent. Vielen Medien ist das eine Skandalmeldung wert. Dabei kann man die Nachricht auch ganz anders interpretieren: Trotz des größten Wirtschaftseinbruchs der Nachkriegsgeschichte ist die Armut sogar im Jahr 2009 keinesfalls drastisch gestiegen.
Deshalb konnte man auch vom Erholungsjahr 2010 keinen deutlichen Rückgang des Armutsrisikos erwarten. Ein Blick zurück zeigt außerdem, dass es eine starke Abhängigkeit der Armutsrisikoquote von der Konjunktur früher ebenfalls nicht gegeben hat. So stieg die relative Einkommensarmut beispielsweise in den Aufschwungjahren 1998 bis 2000 nach einem Rückgang in den konjunkturschwächeren Vorjahren um insgesamt gut 1 Prozentpunkt an.
Trotzdem begünstigt Wachstum die Armutsbekämpfung. Denn wenn das Einkommen innerhalb einer Volkswirtschaft steigt, erhöht sich auch der Schwellenwert für die relative Einkommensarmut. Vieles spricht dafür, dass sich Menschen mit mehr Geld in der Tasche weniger arm fühlen ? auch wenn sich ihre Einkommensposition im Vergleich zur übrigen Bevölkerung nicht verbessert hat.
Christoph Schröder
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