Badische Neueste Nachrichten: Die Lehren von der Saar

Es ist so ein Standardsatz von Wahlverlierern,
dass die Ergebnisse aus dem kleinen Saarland nicht auf Deutschland
übertragen werden könnten. Ja, wieso eigentlich nicht? Das Saarland
zeigt wie in einem Mikrokosmos, dass es eben doch so etwas wie
allgemeingültige Regeln gibt. Dass Annegret Kramp-Karrenbauer diese
Wahl gewonnen hat, bedeutet, die Wähler honorieren Bodenständigkeit,
Glaubwürdigkeit und Engagement. „AKK“ beendete die Jamaika-Koalition,
sowieso eher Lieblingskind des Feuilleton anstatt realitätsfestes
Politikmodell, wegen erwiesener Unfähigkeit der Landes-FDP und
stellte sich gegen den Rat mancher Parteifreunde dem Wählervotum –
anstatt gleich eine Große Koalition mit dem SPD-Chef Heiko Maas zu
schmieden. Jener, im dritten Anlauf gescheitert, wird nun fast zur
tragischen Figur, hat aber die Größe, zu seinem Wort zu stehen. Er
ist zweifelsohne ein Opfer der an der Saar starken Linken. Was
wiederum die Bundes-SPD mahnt, die destruktive Kraft der Linken
gegenüber der Sozialdemokratie nicht zu unterschätzen. Der
Vernichtungsfeldzug Oskar Lafontaines gegen die SPD geht weiter.
Zumal der Höhenflug der Grünen nun wohl endgültig vorbei ist, damit
schwächelt auch die rot-grüne Machtoption der SPD bei der
Bundestagswahl 2013. Für die FDP ist das Ergebnis die allerletzte
Warnung. Die Saar-FDP war allerdings eine vergiftete Schlangengrube.
Weder in Nordrhein-Westfalen noch in Schleswig-Holstein sehen die
Liberalen so schlecht aus. Dies muss die FDP zu einer vorher nicht
gekannten Kraftanstrengung mahnen. Die Piraten scheinen sich nun
flächendeckend durchzusetzen. Man weiß zwar immer noch nicht, ob sie
für mehr als freies Internet und eine Art „Wünsch-dir-Was“ stehen,
doch sie sind da – bis es irgendwann mal zur Entzauberung im real
existierenden Parlamentarismus kommt. Für die Grünen ist die
Erfahrung mit den Piraten am bittersten, sie haben nun nicht mehr das
Abo auf Unkonventionelles. Kanzlerin Angela Merkel kann zufrieden an
die Saar und mit Wohlgefallen auf Annegret Kramp-Karrenbauer blicken.
Die Große Koalition als Option für Berlin bleibt im Spiel, aber nach
dem Geschmack Merkels: die Union als Koch, die SPD als Kellner.

Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de

Weitere Informationen unter:
http://