Badische Neueste Nachrichten: Die Würfel sind gefallen

Die Würfel an der Themse sind gefallen. Wenn
David Cameron nach der Wahl 2015 an der Macht bleibt, werden die
Briten über den Verbleib ihres Landes in der EU abstimmen. Cameron
will dem Referendum eine einfache Frage zugrunde legen: Rein oder
raus aus der Europäischen Union? Der Premier will selbst für eine
Fortsetzung der Mitgliedschaft werben, doch es ist keineswegs sicher,
dass die Mehrheit seiner Landsleute so entscheidet. Der 23. Januar
könnte somit in die britischen Geschichtsbücher eingehen als der
„Schicksalstag“, an dem ein langer Marsch des Königreichs ins
politische Abseits auf dem Kontinent begann. Cameron hat sich zu
einer ehrlichen Lösung durchgerungen, zu der ihn viele Politiker im
Ausland gedrängt haben. Um in der EU mitreden zu können, muss sich
Großbritannien zum Gemeinschaftsprojekt bekennen oder es eben
verlassen. Das Referendum birgt jedoch auch Risiken für die Briten.
Falls ein Austritt beschlossen wird, könnte der Einfluss des
Königreichs in der Welt schwinden und das Land könnte seine
Attraktivität bei den Investoren einbüßen, die sich ein anderes „Tor
nach Europa“ aussuchen würden. Die EU-Rede Camerons hat zwei
Konsequenzen. Erstens eröffnet sie den Weg zu einem Gerangel zwischen
Brüssel und London um Zugeständnisse und Kompetenzen. Camerons
Koalition wird sich in Zukunft leichter zu Erpressungsversuchen
hinreißen lassen: Entweder ihre Forderungen werden erfüllt oder die
Briten driften dem Austritt entgegen. Das bedeutet auch, dass
Großbritannien zum Katalysator der Reformen in Europa werden könnte.
Die zweite Konsequenz betrifft die Kräftebalance in London. Faktisch
hat auf der Insel verfrüht der Wahlkampf begonnen. Sollte die
Labour-Opposition das Referendum ablehnen, könnte die Europafrage
2015 wahlentscheidend werden. Cameron darf mit einem kräftigen
Auftrieb in den Umfragen rechnen. Die Gefahr der isolationistischen
Independence Party für die Tories ist zunächst neutralisiert. Heikel
wird es für die europafreundlichen Liberaldemokraten. Cameron will
auf jeden Fall die Volksabstimmung abhalten. Darum müssen die
Liberaldemokraten entscheiden, ob sie ihre Werte über Bord werfen
wollen, um auch in Zukunft als Koalitionspartner infrage zu kommen,
oder ob sie standhaft bleiben.

Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de

Weitere Informationen unter:
http://