Es kann nur zwei geben. Mit ihrem Beschluss, die
beiden Spitzenkandidaten für die nächste Bundestagswahl per Urwahl zu
ermitteln, wagen sich die Grünen auf gefährliches Terrain. Auf der
einen Seite ist ein Mitgliederentscheid die höchste Form der
innerparteilichen Demokratie – auf der anderen Seite wird er
natürlich auch Verlierer produzieren. Vor allem für Fraktionschefin
Renate Künast steht viel auf dem Spiel: Wenn die Fraktionsvorsitzende
nach dem grandios gescheiterten Versuch, Bürgermeisterin von Berlin
zu werden, nun auch noch bei der Urwahl durchfällt, hätten die Grünen
eine ihrer populärsten Politikerinnen emotionslos in die zweite oder
dritte Reihe verbannt. Für eine ganze Generation von Grünen ist die
Wahl die letzte Chance, noch einmal in herausgehobener Position
Politik zu machen. Sollte es danach tatsächlich für eine rot-grüne
Koalition reichen, wären die beiden Spitzenkandidaten als Minister
quasi gesetzt. Claudia Roth, Jürgen Trittin und Renate Künast werden
das bei ihren Bewerbungen zumindest im Hinterkopf gehabt haben. Bei
Katrin Göring-Eckart, der Vizepräsidentin des Bundestages, ist das
nicht anders. Sie tarnt ihren Ehrgeiz nur etwas besser und hat
überdies den Vorteil, dass sie mit 46 Jahren noch jung genug für
einen weiteren Anlauf im Jahr 2017 ist. Sie ist die einzige
Spitzengrüne, die eine Niederlage bei der Urwahl ohne größere
Blessuren überstehen würde. Dafür geht die Thüringerin mit dem
interessantesten strategischen Ansatz in den Mitgliederentscheid.
Während ihre Kontrahenten vor allem die grüne Stammkundschaft und
wechselwillige SPD-Wähler im Auge haben, zielt Katrin Göring-Eckart
auch ins bürgerliche und liberale Milieu. Je linker die Grünen ihren
Wahlkampf intonieren, fürchtet sie, umso aussichtsloser wird auch die
Operation Machtwechsel. Ob sie sich mit dieser Philosophie
durchsetzt, ist allerdings fraglich. In den sieben Jahren seit dem
Ende der rot-grünen Koalition ist die Partei spürbar nach links
gerückt. Eine Reform wie die Agenda 2010 zum Beispiel, zu deren
Architektinnen auch die damalige Fraktionschefin Göring-Eckart
gehörte, wäre mit den Grünen heute kaum noch zu machen. Deshalb ist
die Urwahl auch viel mehr als eine Personalfrage. Mit ihren Stimmen
entscheiden die 60 000 Mitglieder der Grünen in den nächsten Wochen
auch über die künftige Ausrichtung ihrer Partei.
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