Jedes Jahr treten mehr als 100 000 Männer und
Frauen aus der katholischen Kirche aus, viele davon, weil sie
schlicht Steuern sparen wollen, viele aber auch, weil sie dem Klerus
aus Protest das Geld vorenthalten möchten. Ihnen, den Steuersparern
und den frustrierten Gläubigen, mag der emeritierte Hochschullehrer
Hartmut Zapp aus der Seele gesprochen haben, als er mit einer
gewagten Denkfigur das Unvereinbare zu vereinbaren suchte: die
katholische Kirche zu verlassen und doch drinzubleiben. Er hatte 2007
seinen Austritt aus der Kirche als Körperschaft öffentlichen Rechts
erklärt und die Zahlung der Kirchensteuer eingestellt; gleichzeitig
aber wollte er ihr als Glaubensgemeinschaft weiter angehören. Draußen
und drinnen, das Beste aus beiden Welten – das kühne Paradoxon des
Steuerrebellen fand vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, wie
zuvor schon in niedrigeren Instanzen, vorhersehbar keine Gnade. Die
katholische Kirche, und nicht nur sie, verfügt – so urteilten die
Richter – über ein Selbstbestimmungsrecht über die Bedingungen einer
Mitgliedschaft. Die Bischöfe wissen, warum sie noch in diesem Monat
beschlossen haben, dass jeder, der in Deutschland zukünftig aus der
katholischen Kirche austritt, über die Konsequenzen belehrt wird,
unter anderem, dass er exkommuniziert wird und aus der Sicht der
Kirche nicht mehr katholisch ist. Eine Mitgliedschaft light darf es
nicht geben, ein Austritt muss ohne Wenn und Aber gelten. Hätten die
Verwaltungsrichter dies in letzter Instanz anders gesehen, hätten sie
nicht weniger getan, als an den weltlichen Grundfesten nicht allein
der katholischen Kirche, sondern wohl auch der protestantischen
gerüttelt. Denn es ist voraussehbar, was dann geschehen wäre: Die
seit Jahrzehnten ungebrochenen Wellen der Kirchen-Austritte wären zum
Tsunami angeschwollen und hätte die ohnehin schon brüchigen
finanziellen Fundamente hinweg geschwemmt.
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