Sieg ist Sieg, auch wenn der Ball in der
allerletzten Sekunde der Nachspielzeit eher zufällig über die
Torlinie kullert. So wie im Sport ist es auch in der Politik. Am Ende
zählt einzig und allein das Ergebnis, die Frage, wie es zustande kam,
interessiert hinterher niemanden mehr. So dürfen Sozialdemokraten und
Grüne nach einem beispiellosen Wahlkrimi und Stunden zwischen Bangen
und Hoffen einen Sieg in Niedersachsen bejubeln, der knapper kaum
ausfallen hätte können, nach Auszählung aller Wahlkreise reichte ein
Ausgleichsmandat, um eine Stimme vor Schwarz-Gelb zu liegen. Das
große Ziel, mit einem Triumph in Niedersachsen ins Wahljahr 2013 zu
ziehen und über Hannover zum Sturm aufs Kanzleramt zu blasen, wurde
erreicht. Dabei wissen die rot-grünen Strategen nur allzu gut, dass
der knappe Sieg von Hannover als Steilvorlage für die Bundestagswahl
nur bedingt taugt und kaum jenen Rückenwind schafft, den sich Sigmar
Gabriel und Peer Steinbrück erhofft hatten. Nichts zu spüren vom
Steinbrück-Bonus, im Gegenteil, nicht wegen, sondern trotz des
Kanzlerkandidaten hat es knapp gereicht, weil sich Stephan Weil in
Niedersachsen nicht beirren ließ und an seinen Themen festhielt,
zudem profitierte die SPD vom überaus guten Abschneiden der Grünen,
die sich endgültig als drittstärkste politische Kraft mit Ergebnissen
deutlich über zehn Prozent etabliert haben. Mehr denn je sind die
Genossen vom potenziellen Koalitionspartner abhängig – und davon,
dass die weiteren Konkurrenten im linken Spektrum, also die Linken
und die Piraten, an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. In Hannover war
dies der Fall, aber zumindest die Linkspartei dürfte wegen ihrer
traditionellen Stärke in Ostdeutschland den Wiedereinzug in den
Bundestag schaffen. Dann reicht es für Rot-Grün nicht. Aber auch für
Union und Liberale sind die Perspektiven nach der
Herzschlag-Niederlage in Hannover wenig erfreulich. Angela Merkel ist
eine Königin ohne Land und ohne Gefolge, seit ihrem Sieg 2005 hat sie
nicht nur Bundesland um Bundesland verloren, sondern auch eine ganze
Legion an Landesfürsten und Kronprinzen, gleichzeitig hat die SPD nun
eine eigene Mehrheit im Bundesrat. Die Kanzlerin ist beliebt, doch
Schwarz-Gelb zieht nicht mehr, wirkt ausgelaugt und inhaltsleer. Die
FDP ist zum personell wie programmatisch ausgezehrten Wurmfortsatz
der Union verkommen, die nur noch dank einer massiven
Leihstimmenkampagne der Christdemokraten überlebt und sich ansonsten
selbst zerfleischt. Für Angela Merkel ist Niedersachsen daher ein
Weckruf. Die Schwäche der FDP ist Merkels Achillesferse. Merkel sitzt
in der Zwickmühle: Einerseits hat sie keine Stimme zu verschenken und
muss selbst um jeden Wähler kämpfen, andererseits braucht sie die
FDP, um die Koalition fortzusetzen. Ein Nullsummenspiel, das am Ende
weder Union noch Liberalen nützt.
Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de
Weitere Informationen unter:
http://