Mit einem glanzvollen Fest feierten Frankreich
und Deutschland gestern in Berlin den 50. Jahrestag der
Unterzeichnung des Élysée-Vertrages und damit quasi ihre goldene
Hochzeit. Nichts sollte die Harmonie stören, auch wenn die politisch
Verantwortlichen diesseits wie jenseits des Rheins wissen, dass es im
politischen Tagesgeschäft zwischen Paris und Berlin im Augenblick
nicht ganz so rund und störungsfrei läuft, wie es eigentlich laufen
sollte. Ein neuer Präsident, eine neue Regierung, eine neue
Parlamentsmehrheit in Frankreich, das machte erst einmal ein neues
Kennenlernen notwendig. François Hollande war in der Vergangenheit
sichtlich bemüht, eine gewisse Distanz zu Angela Merkel zu wahren und
einen eigenständigen Kurs zu fahren. Dennoch ist die besondere
deutsch-französische Freundschaft mittlerweile so tief und gefestigt,
dass sie solche Konflikte erträgt, beide Regierungen stehen in einem
derart engen Kontakt, dass sie trotzdem zu gemeinsamen Positionen
finden können. Auch François Hollande und Angela Merkel wissen, dass
es für Europa von entscheidender Bedeutung ist, dass sie mit einer
Zunge sprechen, ein Konsens zwischen Paris und Berlin bedeutet fast
schon zwangsläufig den Konsens zwischen dem Nord- und dem Südblock
der EU, erst recht, wenn hier die Sozialisten, da die Konservativen
regieren. Auch wenn es oft mühsam, manchmal gar quälend ist, weil
Frankreich, die eigene Größe verklärend, nicht von Deutschland
dominiert werden und das wirtschaftlich stärkere Deutschland nicht
als Besserwisser auftreten will. So feierten Franzosen und Deutsche
zu Recht ihre goldene Hochzeit. Wie im Leben eines Paares haben beide
Länder ein halbes Jahrhundert lang gemeinsam Höhen und Tiefen erlebt
und doch immer an ihrer Beziehung festgehalten, die Saat de Gaulles
und Adenauers ist aufgegangen und trägt reichlich Früchte, nicht
zuletzt dank der zahllosen Städtepartnerschaften und des intensiven
Jugendaustausches, dem wichtigsten Element des Élysée-Vertrags. Nach
50 Jahren ist die deutsch-französische Freundschaft so normal
geworden, dass sie schon gar nicht mehr als etwas Besonderes und
Wertvolles wahrgenommen wird. Dabei liegen die Schrecken des Krieges
erst zwei Generationen zurück. Das ist die Herausforderung der
Zukunft. Die regelmäßigen Kontakte der politisch Verantwortlichen
sind das eine, das andere aber ist die gelebte Freundschaft zwischen
den Menschen und die Pflege der Kontakte durch die nächste
Generation. Der Jugend steht die Welt offen, es locken exotischere
Länder, es ist cool, andere Kontinente zu entdecken und bereisen. Da
mag der Nachbar, der praktisch zur Familie gehört, etwas langweilig
wirken. Die goldene Hochzeit war ein prima Anlass, diese Bande wieder
zu vertiefen und eine neue Lust am eigentlich Vertrauten zu wecken.
Die deutsch-französische Freundschaft ist das größte Geschenk der
Nachkriegszeit, sie hat den Lauf der Geschichte verändert. Zum
Positiven. Und das muss gefeiert werden.
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