Badische Neueste Nachrichten:Überfälliges Versprechen Kommentar von Peter Gillies

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will
Geschichte schreiben. Im nächsten Jahr sollen erstmals seit 45 Jahren
Einnahmen und Ausgaben wieder ins Lot kommen, ohne dass der Bund neue
Kredite aufnehmen muss. Das gelang letztmalig 1969 Finanzminister
Franz Josef Strauß. Sollten die Steuerquellen weiter sprudeln, stellt
sich die Frage, wie die Überschüsse verwendet werden. Beginnt der
Bund den Billionenberg seiner Alt-Schulden abzubauen, steigert er
weiter die Sozialleistungen oder senkt er die Steuern? Seit
Jahrzehnten versprachen Finanzminister hoch und heilig, in Kürze
würden sie einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, der ohne neue
Kredite auskommt. Diesen Schwur hatten sie stets gebrochen. Nun
unternimmt Schäuble einen weiteren Anlauf, um dieses überfällige
Versprechen einzulösen. Diesmal jedoch hat er gute Chancen – nicht
weil er durch eisernes Sparen auffällt, sondern weil eine blühende
Wirtschaft und emsige Arbeitnehmer die Staatskasse füllen. Das
Steueraufkommen steigt rasant. Auch die heimlichen Steuererhöhungen,
die „kalte Progression“, sorgen dafür, dass die Steuern stets
schneller steigen als Löhne und Einkommen. Schäuble ist auch deswegen
ein Glückspilz, weil er für Kredite nur geringe, manchmal gar keine
Zinsen zu zahlen braucht. Ob es dem Bund gelingt, ab 2015 nicht mehr
auszugeben als er einnimmt, hängt aber vor allem von der Konjunktur
ab. Plötzliche Krisen dürfen nicht dazwischen hageln. Wenn der Bund
nach fast einem halben Jahrhundert – trotz mancher Buchungstricks –
ein ausgeglichenes Budget vorlegen kann, wäre dies ein
bemerkenswerter Erfolg für die Finanzpolitik und ein Signal an die
EU. Freilich sind die in Jahrzehnten aufgehäuften Alt-Schulden noch
nicht getilgt. Der deutsche Schuldenberg von mehr als zwei Billionen
Euro sprengt noch immer die Vorgaben des Maastrichter Euro-Vertrages.
Der Bund verantwortet rund 1,3 Billionen Euro dieser Schulden.

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