Badische Neueste Nachrichten: Unersetzlich?

Ganz ohne einander können sie nicht. Die Grünen
nicht ohne Claudia Roth. Und Claudia Roth nicht ohne die Grünen. In
jeder anderen Partei wäre eine Vorsitzende, die bei einer wichtigen
Entscheidung so klar den Kürzeren zieht wie die 57-Jährige jetzt im
Kampf um die Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl, nicht mehr zu
halten. Die Grünen dagegen haben Claudia Roth geradezu angefleht, nun
ja nicht alles hinzuwerfen und Parteivorsitzende zu bleiben. Das hat,
zum einen, mit der Person Roth zu tun, die sich auf ihre Weise schier
unersetzlich gemacht hat in ihrer Partei und als Frontfrau des linken
Flügels kaum Konkurrenz zu fürchten hat. Und das hat, zum anderen,
mit der politischen Gefechtslage ganz allgemein zu tun. Ein knappes
Jahr vor einer Bundestagswahl führt keine Partei gerne eine quälende
Führungsdebatte, die FDP vielleicht ausgenommen. So könnte aus einer
bitteren Niederlage für Claudia Roth am Ende doch noch ein kleiner
Triumph werden. Wenn die Indizien nicht ganz täuschen, wird sie am
kommenden Wochenende mit einem fulminanten Ergebnis im Amt bestätigt
werden. Auch ihre Chancen auf ein Ministeramt nach einem rot-grünen
Wahlsieg sind durch die gestrige Entscheidung sicher nicht gesunken.
Obwohl fürs Erste erkennbar geschwächt, könnte die Abgeordnete aus
Augsburg am Ende aus der Urwahl noch gestärkt hervorgehen – als
Parteivorsitzende, die noch etwas gut hat bei ihrer Partei. In dem
Moment jedoch, in dem die Grünen ihr Wahlziel verfehlen, und erneut
in der Opposition oder gar in einer schwarz-gelben Koalition landen,
dürften auch Claudia Roths Tage an der Parteispitze gezählt sein.
Hinter den Trittins, den Roths und den Künasts drängt schon jetzt
eine Generation jüngerer, ehrgeiziger Grüner nach vorne, die nur auf
eine Gelegenheit wartet, mit einigen alten Gewohnheiten und
Gewissheiten aufzuräumen. Gewählt wird der neue Parteivorstand am
Wochenende in Hannover für zwei Jahre. Tatsächlich arbeitet er bis
zur Bundestagswahl nur auf Bewährung.

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Klaus Gaßner
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