Die Anschlagsserie von Wolgograd verunsichert
ganz Russland. Und vieles deutet daraufhin, dass die Spur der Täter
in den Nordkaukasus führt. Im Sommer hatte der islamistische
Rebellenführer Doku Umarow gedroht, man wolle die Olympischen
Winterspiele in Sotschi „mit allen Mitteln, die Allah erlaubt“
verhindern. Es steht zu befürchten, dass den Attentaten von Wolgograd
weitere Terroraktionen folgen werden. Weil die
Sicherheitsvorkehrungen in Sotschi selbst extrem hoch sind, nehmen
die Islamistengruppen andere Orte ins Visier. Auch so lassen sich
Angst und Panik verbreiten und Olympia-Besucher von einem Besuch der
Spiele abhalten. Der Terror aus dem Nordkaukasus ist das Ergebnis
einer verfehlten russischen Politik in der Region. Als Boris Jelzin
1999 den einstigen KGB-Chef Wladimir Putin zu seinem Nachfolger
auserkor, lautete eine Begründung, der Geheimdienst-Mann werde im
Kaukasus für Ordnung sorgen. Putin versucht das seitdem mit Gewalt
und Unterdrückung. Die teilweise Autonomie, die den Regionen nach dem
Zerfall der Sowjetunion zugestanden wurde, hat er völlig
zurückgedreht. Überall installierte der Kreml neo-koloniale
Statthalter aus den örtlichen Eliten, die den Staat als
Selbstbedienungsladen betrachten. Eine von Dmitri Medwedew
eingeführte Reform, wonach die Gebietsgouverneure wieder direkt
gewählt werden sollten, modifizierte Putin später so, dass die
örtlichen Parlamente der Bevölkerung dieses Recht wegnehmen konnten.
Prompt optierten alle Gebietsparlamente im Nordkaukasus für die
Variante, wonach der vom Präsident vorgeschlagene Gouverneur
lediglich vom Parlament bestätigt werden muss. Entscheidungen wie
diese entmündigen die Bevölkerung und heizen die Wut auf den Staat
noch mehr an. Die ist im Nordkaukasus ohnehin schon groß, da korrupte
und brutale Sicherheitskräfte die Bürger terrorisieren.
Wirtschaftlich ist die Region in den ganzen Jahren unter Putin nicht
vorangekommen. Sie hängt am Tropf staatlicher Subventionen: In
Inguschetien machen die Zahlungen aus Moskau sogar 85 Prozent des
Budgets aus. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, wer irgendwie kann,
verlässt den Nordkaukasus, um sich als Gastarbeiter in russischen
Großstädten zu verdingen. Dort werden die Kaukasier meist als Fremde
diskriminiert – obwohl sie russische Staatsbürger sind. Dies alles
treibt immer mehr junge Menschen aus der Region in die Arme radikaler
Islamisten. Und solange sich die Verhältnisse im Nordkaukasus nicht
bessern, wird auch der Terror von dort nicht weniger werden.
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