Wir Bürger erwarten viel von unseren
Repräsentanten. Abgeordnete sollen fachkundig sein, redegewandt,
engagiert und immun gegen die Einflüsterungen der Lobbyisten. Wir
wünschen uns durchsetzungsstarke Parlamentarier, um Informationen aus
trägen Behördenapparaten zu ziehen und selbstherrliche
Regierungsmitglieder unter Druck zu setzen.
Im Berliner Abgeordnetenhaus gibt es in allen Fraktionen solche
Volksvertreter. Bisher leiden die Halbtags-Parlamentarier im
Preußischen Landtag jedoch bei der Kontrolle des Senats und beim
Bemühen, die Exekutive mit eigenen Anträgen zum Handeln zu drängen,
unter einer grotesken Ungleichheit. Genau 580 Euro dürfen sie
ausgeben für Menschen, die ihnen zuarbeiten, die Kontakte im
Wahlkreis oder zur Fachöffentlichkeit halten und Recherchen
übernehmen. Fast überall in der Deutschland bekommen Volksvertreter
mehr Ressourcen. Hier im Zuge einer Parlamentsreform aufzurüsten ist
in Berlin geboten, zumal die Themen zwischen kommunalen Belangen und
Bundespolitik deutlich komplexer sind als in den Landtagen der
Flächenländer. Wenn im gleichen Atemzug die lähmenden Sitzungen im
Abgeordnetenhaus spannender werden, ist das nur zu begrüßen.
Ob die Abgeordneten ihre Mitarbeiter in Wahlkreisbüros oder direkt
in den Fraktionsräumen unterbringen, sollen sie selbst entscheiden.
Es kann nicht schaden, wenn Volksvertreter näher ans Volk
heranrücken. Ebenso wenig ist dagegen zu sagen, wenn sie lieber
Spezialisten für die direkte fachliche Zuarbeit anheuern. Der
Argwohn, hier würden nur Parteigänger versorgt, ist deshalb
ungerecht. Natürlich werden die Abgeordneten niemanden anstellen, der
politisch auf einer völlig anderen Linie liegt. Aber ein bisschen
Vertrauen dürfen die Bürger schon haben in ihre gewählten Vertreter,
von denen es eben schlechte und gute gibt.
Das populistische Argument, hier würden sich die Selbstbediener
die Taschen vollmachen, ist entkräftet. Die Diäten von 3477 Euro im
Monat werden nicht erhöht. Dass aber die ehrenamtlich tätigen
Bezirksverordneten besser bezahlt werden, ist überfällig. Sie steuern
Bezirke mit 300.000 Einwohnern und Budgets von mehreren Hundert
Millionen Euro und bekommen dafür keine 350 Euro im Monat. Wer sagt,
dass „die Politiker“ überbezahlt und abgehoben seien, dem sei die
Teilnahme an einer Bezirksverordnetenversammlung oder der Besuch
eines vollgestopften Abgeordnetenbüros im Preußischen Landtag
empfohlen. Wer selbstbewusste, qualifizierte Volksvertreter will,
muss ihnen ermöglichen, ihre Arbeit so gut wie möglich zu tun.
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