BERLINER MORGENPOST: Ausgleichende Mittelmacht – Kommentar von Michael Backfisch

Endlich! Egal, wohin man auf der Welt schaut: Die
Erleichterung, dass Deutschland bald wieder über eine langfristig
verlässliche Bundesregierung verfügt, ist groß. Angesichts der vielen
Krisenherde wird eine berechenbare Bundesregierung gebraucht wie nie.

Vor dem Hintergrund der sich auflösenden internationalen Ordnung
bedarf es eines Korrektivs, das für Demokratie, Rechtsstaat und
freien Handel eintritt. Es ist die Rolle für die ausgleichende
Mittelmacht Deutschland. Die langjährige Erfahrung von Kanzlerin
Angela Merkel schlägt hier als Trumpf zu Buche. Sie kennt die Akteure
und weiß, wie sie ticken. Der neue Außenminister Heiko Maas dürfte
nach einer Einarbeitungszeit seinen Platz finden.

Die größte Herausforderung der frischgebackenen Bundesregierung
besteht darin, die EU wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Die
Bundesregierung muss die gegenläufigen Kräfte austarieren. Das geht
am besten, indem sich die EU auf ihre wesentlichen Aufgaben besinnt:
Grenzsicherung, Verteidigung, Anti-Terror-Kampf. Ferner die
Errichtung von Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsfähige
Wirtschaft, die Wachstum fördert, Jobs schafft und soziale Leistungen
ermöglicht.

Auch mit Blick auf Amerika heißt es, Augenmaß zu bewahren. Trumps
Drohungen, Strafzölle auf Autos aus Europa zu erheben, sind eine
Provokation. Doch wäre es falsch, auf die Wildwest-Methoden des
Präsidenten mit dem handelspolitischen Colt zu antworten. Es würde in
eine Eskalationsspirale münden, bei der es nur Verlierer gäbe.
Zwischen massiver Vergeltung und reiner Passivität liegt das Feld für
Diplomatie und kluge Politik.

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