Fluglärm hin, Flugrouten her – Berlins neuer
Flughafen Willy Brandt scheint zu halten, was seine Erbauer und
Fürsprecher von ihm erwarten: In Deutschlands Hauptstadt wird die Tür
in die weite Welt noch weiter aufgestoßen, der Airport BER zumindest
für die großen heimischen Fluggesellschaften schon vor der Eröffnung
zu einem ganz wichtigen Standort. Nach Air Berlin als Nummer Zwei,
die von Schönefeld aus ihren gesamten Flugbetrieb steuert, verstärkt
jetzt auch Primus Lufthansa sein Engagement in Berlin ganz
entscheidend. Was sich zu einer verschärften Konkurrenz zwischen dem
längst etablierten „Newcomer“ Air Berlin einerseits und dem
Traditionsunternehmen Lufthansa, das 1926 in Berlin gegründet wurde,
ausweitet, kann für Akzeptanz und Wirtschaftlichkeit des
Internationalen Flughafens im Süden der Stadt schon in der Startphase
nur von Vorteil sein. Am Standort Tegel hat sich Lufthansa eher
zurückgehalten und den jahrelangen rasanten Steigflug von Air Berlin
dadurch sicherlich befördert. Jetzt gibt der Kranich-Konzern diese
„Bescheidenheit“ auf. Das gestern verkündete sowohl vermehrte wie
verbilligte Flugangebot ab Berlin ist nichts anderes als eine
Kampfansage an ihren schärfsten innerdeutschen Herausforderer. Erst
nicht beachtet, dann unterschätzt, wird Air Berlin jetzt von der
Lufthansa ernster genommen, als es den vom ehemaligen Bahn-Chef
Mehdorn gemanagten Berlin-Fliegern lieb sein kann. Die schwächeln
bekanntlich und haben sich gerade notgedrungen mit Etihad Airways aus
Abu Dhabi liiert. Lufthansa will auch in Berlin, der Hauptstadt der
Billigflieger, die Nummer Eins werden. Mit der Ausweitung des
europäischen Steckennetzes und Kampfpreisen von 49 Euro für einen
„One Way Flight“ soll das erreicht werden. Wie ernst es der
Gesellschaft mit Berlin ist, wird aus einer gestern ebenfalls
verkündeten Nachricht des Unternehmens deutlich: Während in Berlin
investiert wird, will Lufthansa ihre Kosten konzernweit bis 2014 um
1,5 Milliarden Euro senken – wenn das kein Bekenntnis zur Hauptstadt
und Geburtsstadt ist! Und wenn der neue Flughafen Berlin auch den
erwarteten gesamtwirtschaftlichen Aufschwung für die Region bringt,
wird Lufthansa hoffentlich auch wieder mit Interkontinentalflügen –
Start und Ziel deutsche Hauptstadt – von sich reden machen. Die
Optionen dafür wachsen, je früher die beiden existenten deutschen
Drehkreuze Frankfurt und München an ihre Kapazitäts- und
Akzeptanzgrenzen stoßen. An Deutschlands größtem wird in der
Main-Region erbittert wie nie über den wachsenden Fluglärm
gestritten, in der bayrischen Metropole über eine dritte Start- und
Landebahn. Lachender Dritter könnte in nicht allzu ferner Zukunft
Berlin werden. Darauf zu hoffen ist erlaubt, darauf zu bauen nicht.
Jetzt kommt es erst einmal darauf an, durch den verschärften
Wettbewerb von Air Berlin und Lufthansa die Neupositionierung von
Schönefeld zu festigen. Der aber darf nicht so gnadenlos ausgefochten
werden, dass einer „abstürzt“. Der neue Flughafen BER ist, wenn er
wachsen und gedeihen soll, auf beide angewiesen – Air Berlin und
Lufthansa.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de
Weitere Informationen unter:
http://