Das alles klingt nach Absurdistan. Es ist aber
Deutschland im Jahr 2018. Jenes Land, in dem Politiker seit Jahren
eine digitale Offensive fordern, am besten gebündelt in einem
Digitalministerium, mit einem großen Etat und einen Amtschef, der
diese Offensive zu seiner persönlichen Sache macht. Stattdessen
bekommt das Land jetzt fünf Minister von CDU und CSU, die sich alle
ein bisschen ums Digitale kümmern. Zwei davon sitzen sogar Tür an Tür
im Kanzleramt.
Sicher, machtpolitisch gesehen gibt es plausible Gründe für diese
Verteilung: Im Ringen der Parteien um die Aufteilung der Ministerien
spielen Zuständigkeiten eine wichtige Rolle. Denn an jeder
Zuständigkeit hängen Haushaltsmittel und damit politische Macht. Die
gibt keiner freiwillig her. Doch im Ergebnis ist es ein Fehler.
Gerade weil das Digitale ein Querschnittsthema ist. Nahezu jedes
Ministerium könnte im Handumdrehen begründen, warum es Budgets fürs
Digitale braucht. Es spricht deswegen auch nichts dagegen, das
Digitale in vielen Bereichen mitzudenken. Doch es muss ein Haus
geben, in dem die Fäden zusammenlaufen.
Denn man muss kein Pessimist sein, um zu ahnen, was bei derart
zersplitterten Zuständigkeiten passiert, wenn nichts passiert oder zu
wenig. Wenn die digitale Offensive nicht in die Gänge kommt, ist dann
immer der andere schuld. Mit fünf Mitspielern kann man schon recht
ausgiebig den Schwarzen Peter herumreichen. Für ein
Digitalministerium ist die Zeit schon lange reif. Vier weitere Jahre,
in denen fünf Spitzenpolitiker den Stillstand schönreden? Merkel hat
die Chance verpasst, das Digitale zum Markenkern ihrer vierten
Amtszeit zu machen.
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