BERLINER MORGENPOST: Die italienische Lunte – Leitartikel von Michael Backfisch

Man darf sich keine Illusionen machen: Die neue
italienische Übergangsregierung unter dem Wirtschaftsprofessor Carlo
Cottarelli wird nicht lange halten. Im Herbst wird es Neuwahlen
geben. Und bis dahin werden politische Krawallmacher den Ton angeben
und das Land in eine Dauer-Kampagne stürzen.

Die Anti-Establishment-Bewegung Fünf Sterne und die rechts außen
angesiedelte Lega haben sich bereits auf Staatspräsident Sergio
Mattarella eingeschossen. Der hatte den beiden
Möchtegern-Koalitionsparteien den Wunschkandidaten für das Amt des
Finanzministers vermasselt.

Fünf Sterne und Lega haben kein Programm, wie Italiens Wirtschaft
wieder auf Touren kommt und der immens hohe Schuldenberg abgetragen
werden kann. Beide sind in erster Linie Anti-System-Parteien. Sie
wettern gegen Institutionen wie den Staatspräsidenten oder die EU.
Das Bedauerliche ist, dass diese Linie beim Wahlvolk zieht, zumal sie
mit einer hemmungslosen Spendierhosen-Politik einhergeht.

Es ist daher zu befürchten, dass Fünf Sterne und Lega im Herbst
eine noch größere Mehrheit einfahren. Damit ist jedoch ein steiler
Anstieg von Italiens Defizit programmiert. Das Gespenst einer
überbordenden Verschuldung, das die Nerven der EU in der
Griechenlandkrise über Gebühr strapaziert hatte, ist zurück.

Fünf Sterne und Lega bieten eine fatale Mischung aus
Freibier-Mentalität und Sündenbock-Reflexen. Schuld an der
italienischen Misere haben demnach Brüssel und die Pfennigfuchser aus
Berlin. Sollte eine neue Populisten-Regierung ihren Kurs
durchpeitschen, würde sie einen Schuldenkollaps riskieren.

Die Dauerkrise in Rom belastet die europäische Gemeinschaft – sie
ist eine neue Lunte für die zerbrechliche Finanz-Stabilität.

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