BERLINER MORGENPOST: Die richtige Entscheidung – Leitartikel von Christine Richter

Das war knapp: Zwar stimmten Hunderttausende
Berliner für den Volksentscheid zur künftigen Energiepolitik in
Berlin, aber das Quorum wurde um rund 22.000 Stimmen knapp verfehlt.
Damit ist der Volksentscheid gescheitert, die Ziele der Initiative
Energietisch müssen also nicht vom Abgeordnetenhaus umgesetzt werden.
Das ist gut für Berlin.

Denn die Risiken waren immens. Die Initiative forderte die
Gründung eines Stadtwerks, das auch mit Strom handeln sollte. Sie
verlangten außerdem, dass das Land Berlin wieder das Stromnetz
betreiben soll. Und sie versprachen indirekt, dass der Strom billiger
und grüner wird. Wie das alles finanziert werden sollte, erfuhr man
nicht – weder vor der Abstimmung noch am Sonntag. Bis zu zwei
Milliarden Euro, so schätzten seriöse Experten, hätte das Land Berlin
investieren müssen, wenn der Volksentscheid erfolgreich gewesen wäre.
Geld, das Berlin nicht hat beziehungsweise nur über neue Schulden
hätte aufbringen können.

Auch wenn die Enttäuschung bei denjenigen, die sich für eine
Rekommunalisierung des Stromnetzes und die Gründung des Stadtwerks
einsetzten, jetzt groß ist – sie sollten sich anschauen, was der
Senat und das Abgeordnetenhaus zur künftigen Energiepolitik schon
beschlossen haben. So soll ein Ökostadtwerk gegründet werden – das
sich auf erneuerbare Energien konzentriert und nicht mit Strom
handelt. Außerdem ist die Konzession für das Stromnetz ausgeschrieben
worden – um den Betrieb bewirbt sich neben dem derzeitigen privaten
Betreiber Vattenfall auch die landeseigene „Berlin Energie“.

Wenn sie gut ist, gelingt es ihr vielleicht alleine oder mit einem
Partner das Stromnetz zu übernehmen. Andernfalls ist das Stromnetz
bei einem Unternehmen, das sein Handwerk versteht, besser aufgehoben.
Denn auch das gehört zur Wahrheit dazu: Selbst wenn der
Volksentscheid erfolgreich gewesen wäre, hätte der Senat die
Konzession nicht einfach an ein landeseigenes Unternehmen geben
dürfen. Es gilt in Deutschland das Wettbewerbsrecht. Und das sieht
eine diskriminierungsfreie Vergabe vor – an den besten Anbieter.

Ein Ergebnis zeigt der Volksentscheid aber auch: Den Menschen in
Berlin, sicherlich auch in Deutschland insgesamt, ist das Thema
Energie wichtig, immer wichtiger geworden. Das muss die Politik ernst
nehmen – unabhängig von jedem Volksentscheid.

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