Zugegeben: Justizsenatorinnen und -senatoren
schaffen es meist nur in die Schlagzeilen, wenn es einen Skandal
gibt. Wenn Häftlinge bei einem Freigang entwischen – die
Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD) hätte dies 1991 fast den Posten
gekostet -, wenn ein Gefangener im Knast gefoltert wird und ums Leben
kommt – so geschehen in Siegburg im Jahr 2006, wo die Justizsenatorin
Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) mächtig unter Druck geriet -, wenn
Gefangene ausbrechen oder wenn Freunde und Angehörige von Häftlingen
wochenlang unbedrängt Handys und Rauschgift über Gefängnismauern
werfen können – Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) hielt sich
2008 nach dem Handy-Skandal in der Jugendhaftanstalt Plötzensee nur
mit Mühe im Amt. Solche Fälle sorgen für öffentliche Aufmerksamkeit.
Die alltägliche Arbeit der Justizsenatoren, wenn sie die Vorgaben der
Bundesregierung umsetzen oder mit ihren Ministerkollegen für mehr
Datenschutz kämpfen, eher nicht. Die Berliner Justizsenatoren
beklagen sich deshalb gerne, dass man ihre Arbeit nicht schätzt, dass
man stets nur die Skandale sehe. Doch diese schweren Fälle sind eben
auch die, an denen sich ein Justizsenator in Berlin – und in jedem
anderen Bundesland – messen lassen muss. Jetzt also wieder einmal
Gisela von der Aue. Wenn ein Häftling, der sich in der sogenannten
Sicherungsverwahrung befindet, also als besonders gefährlich gilt,
auf seinem Handy in der Justizvollzugsanstalt Tegel mehrere Tausend
Kinderpornos speichern kann, dann wirft das selbstverständlich viele
Fragen auf. Wie konnte der Mann, verurteilt wegen sexuellen
Missbrauchs von Kindern, an ein Handy kommen? Warum blieb dies so
lange Zeit unentdeckt? Und wie gelangte er an die Kinderpornos? Warum
wurden und werden nicht mehr Kontrollen gemacht? Die Justizsenatorin
verweist darauf, dass in den letzten sechs Jahren durch Kontrollen
fast 4000 Handys sichergestellt, dass kiloweise Drogen gefunden
wurden. Das ist gut, aber nicht gut genug. Wenn die kriminelle
Energie bei Freunden und Angehörigen so groß ist, dass sie die immer
kleiner werdenden Handys einschmuggeln, wenn einige Anwälte so
verantwortungslos sind, dass sie ihren Mandanten Handys oder gar
Drogen mitbringen, dann muss eben noch mehr, noch regelmäßiger und
jede einzelne Gefängniszelle noch überraschender kontrolliert werden.
Der Bevölkerung ist auch kaum zu vermitteln, dass elektronische
Handy-Blocker in Berliner Haftanstalten immer noch nicht installiert
sind. Man sei noch in einer Testphase, heißt es – und das zwei Jahre
nach dem Skandal in Plötzensee. Deshalb ist es völlig berechtigt,
wenn die Opposition jetzt wieder Kritik an Justizsenatorin von der
Aue übt. Dass sie Erklärungen und vor allem Änderungen im
Gefängnisalltag verlangt. Die sind schon lange überfällig.
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