Der neue Hauptstadtflughafen BER ist finanziell und
planerisch am Nullpunkt angelangt. Bis das erste Flugzeug abhebt,
vergeht mindestens ein Jahr, vielleicht sogar zwei. Und genau darin
steckt eine Chance. Die Politiker sollten die Zeit nutzen und auf die
Anwohner zugehen. Denn die Region braucht einen neuen und eleganten
Flughafen, der von den Bürgern akzeptiert wird. Auch wenn sich daran
momentan keiner mehr erinnern mag.
An der Entscheidung des Berliner Oberverwaltungsgerichts über die
Wannseeroute zeigt sich das Grundproblem des BER. Kaum einer in der
Bevölkerung will ihn dort haben, wo er nun einmal laut Beschluss von
1996 steht. Sollten sich die Bürgerinitiativen am Ende tatsächlich
durchsetzen, hätten sie das Problem nur verlagert, nicht gelöst. Dann
wären eben andere Anwohner vom Lärm am Himmel betroffen. Die könnten
dann natürlich auch wieder klagen und würden vielleicht eine
Tankstelle oder ein Einkaufszentrum finden, bei dem es extrem
ungünstig wäre, wenn ein Flugzeug hineinstürzt.
Es ist schwierig geworden, überhaupt noch einen Berliner zu
finden, der sich offen auf den neuen Hauptstadtflughafen freut. Wie
soll es auch anders sein, wenn jede neue Nachricht automatisch eine
schlechte ist? Im Rest von Deutschland macht man sich genüsslich über
Berlin lustig. Im Ausland fragt man sich, wieso die Deutschen in
ihrem eigenen Land keinen Flughafen bauen können, wenn sie es überall
sonst auf der Welt hinbekommen. Doch alle Beteiligten müssen nun
endlich einmal eine Wahrheit erkennen, die in Form eines rechteckigen
Betonklotzes mit Glas und Säulen in Schönefeld steht: Der BER wird
nicht mehr verschwinden. Man kann sich nur mit ihm arrangieren. Und
da hilft es nichts, wenn sich die Bürger gegenseitig ausspielen.
Am BER entlädt sich derzeit jede aufgestaute Wut, jede
Frustration, die man als Berliner gegenüber seiner Stadt hat. Den
ganzen Flughafen abzureißen und in die brandenburgische Wildnis nach
Sperenberg zu verlegen erscheint immer mehr Leuten als die einzig
sinnvolle Alternative. Wenn sie über den BER sprechen, dann nur noch
voller Zynismus. Doch das Hauptproblem des BER ist nicht das zu
kleine Terminal. Auch nicht die kaputte Brandschutzanlage. Und selbst
wenn es angesichts der jüngsten Gerichtsentscheidung anders aussieht:
Der Streit über die Flugrouten wird sich ebenso lösen lassen wie der
Schallschutz. Das Hauptproblem des BER ist sein desaströses Image.
Für den BER gute Stimmung zu machen ist daher für die
Verantwortlichen die größte Herausforderung. Sie müssen es schaffen,
die Bevölkerung für einen Flughafen zu begeistern, der Berlin in der
ganzen Welt blamiert hat. Der doppelt so teuer wird wie ursprünglich
angenommen. Dessen Eröffnung vier Mal verschoben wurde. Der viele
Menschen auch belasten wird, auch wenn er der Stadt was bringt. Sie
sollten sich daher trauen, den Anwohnern wieder direkt ins Gesicht zu
schauen. Auf Bürgerversammlungen zu gehen und sich dort die Bedenken
der Leute anhören, um Lösungen zu suchen. Flugrouten festlegen, mit
denen alle halbwegs leben können. Auf diese Weise werden die Berliner
den BER vielleicht nicht gleich lieben, aber annehmen.
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