Kurzform: Trumps Angriffsbefehl gehorcht vor allem
innenpolitischen Kosten-Nutzen-Abwägungen. Das für ihn desaströse
Buch von Ex-FBI-Chef James Comey und die für ihn bedrohlich werdende
kriminelle Energie seines Anwalts Michael Cohen sollten aus den
Schlagzeilen vertrieben werden. Das ist vorübergehend gelungen. Am
Status quo in Syrien ändert sich nichts. Washington hat peinlich
darauf geachtet, Moskau nicht übermäßig zu verstimmen. Weder wurde
russisches Militär beschossen, noch Assad attackiert. Das nicht
zuletzt durch törichte Twitter-Beiträge Trumps ausgelöste Geraune
über eine angeblich drohende Konfrontation der Großmächte hat sich
vorläufig erledigt. Nur eines ist klar: Beim nächsten Giftgas-Angriff
spricht man sich wieder.
Der vollständige Leitartikel: Verhältnismäßig. Angemessen.
Erforderlich. Notwendig. Es ist kein Wunder, dass dies die am meisten
benutzten Vokabeln sind, mit denen Staats- und Regierungschefs, so
sie nicht aus Moskau, Peking oder Damaskus kommen, den jüngsten
militärischen Nadelstich des Westens in der syrischen Tragödie
bewerten. Sie stehen für die Hilflosigkeit und Unentschlossenheit,
dem von Diktator Baschar al-Assad im nunmehr achten Jahr
orchestrierten Töten von Hunderttausenden wirklich Einhalt zu
gebieten. Wäre es nicht so, man würde ein anderes Wort hören:
„zielführend“. Genau das ist die von US-Präsident Donald Trump mit
Frankreich und Großbritannien auf dem Beifahrersitz durchgezogene
Blitzstrafaktion für die Assad zugeschriebenen Giftgas-Gräueltaten
gegen eigene Zivilisten nicht. Dass es wie vor einem Jahr eine
militärisch unterlegte Gelbe Karte geben würde, lag seit einer Woche
in der Luft. Trump selber hatte das Muskelspiel auf Twitter
annonciert. Assad und seine Bodyguards aus Moskau und Teheran hatten
alle Zeit der Welt, um Vorsorge zu treffen. Dass der auf drei Ziele
beschränkte Angriff Assad die hauseigenen Chlorgas- und Sarin-Bomben
ein für allemal aus der Hand geschlagen hat, glaubt niemand. Und
selbst wenn: Mit konventionellen Bomben wird das Morden weiterge-hen.
Solange die zwischen Rückzugs-gelüsten und Führungsallüren pendelnde
Großmacht USA nicht mit einer Strategie aufwartet, die eine
landes-weite Waffenruhe, humanitäre Korridore für die Bevölkerung und
danach eine politische Friedenslösung zum Ziel hat. Genau an dieser
Stelle herrscht aber weiter Sprach- und Gedankenlosigkeit in
Washington. Weder will die Regierung Trump Assad aus dem Verkehr
ziehen. Noch hat es international satisfaktionsfähige Ideen und die
Bereitschaft, die für Assad günstigen Kräfteverhältnisse
durchzuschütteln. Dazu müssten Russland und Iran, die Schutzmächte
des Diktators, diplomatisch, wirtschaftlich und letztlich auch
militärisch entschieden stärker unter Druck gesetzt werden; ohne
dabei ein Ausufern in einen Großkonflikt zu begünstigen. Unter Trump
wird es dazu nicht kommen. Im Gegenteil. Vor zwei Wochen hatte er aus
dem Bauch heraus den Abzug der 2000 US-Soldaten in Syrien
angekündigt. Nur mühsam konnten ihn seine obersten Militärs davon
abbringen. Darum ist die Rhetorik wohlfeil, wenn der Präsident Assad
jetzt als „Monster“ brandmarkt und an das moralische Gewissen Putins
und der Mullahs appelliert, den „dunklen Pfad“ zu verlassen. Auch
seine Andeutung, weitere Angriffe fliegen zu lassen, sollte Assad
abermals zu völkerrechtlich geächteten Giftgasen greifen, ist nicht
zum Nennwert zu nehmen. US-Verteidigungsminister James Mattis hat
sich entschieden zurückhaltender positioniert. Trumps Angriffsbefehl
gehorcht vor allem innenpolitischen Kosten-Nutzen-Abwägungen. Das für
ihn desaströse Buch von Ex-FBI-Chef James Comey und die für ihn
bedrohlich werdende kriminelle Energie seines Anwalts Michael Cohen
sollten aus den Schlagzeilen vertrieben werden. Das ist vorübergehend
gelungen. Am Status quo in Syrien ändert sich nichts. Washington hat
peinlich darauf geachtet, Moskau nicht übermäßig zu verstimmen. Weder
wurde russisches Militär beschossen, noch Assad attackiert. Das nicht
zuletzt durch törichte Twitter-Beiträge Trumps ausgelöste Geraune
über eine angeblich drohende Konfrontation der Großmächte hat sich
vorläufig erledigt. Nur eines ist klar: Beim nächsten Giftgas-Angriff
spricht man sich wieder.
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