BERLINER MORGENPOST: Kalkulierter Kompromiss / Kommentar von Jens Anker zum neuen Polizeigesetz in Brandenburg

Kurzform: Die SPD verzichtet auf die – rechtlich
ohnehin fragwürdige – Fußfessel für Gefährder, im Gegenzug schlucken
die Linken die landesweite Schleierfahndung. Diesen Kompromiss hätte
man auch vorher haben können, aber der SPD ging es wohl vor allem
darum, sich im anstehenden Wahlkampf als Hüter von Recht und Ordnung
darzustellen. Ob das allerdings ausreicht, um die anhaltende
inhaltliche und Vertrauenskrise der Sozialdemokraten zu beenden, ist
fraglich. Die konkreten Sorgen der Brandenburger betreffen derzeit
nicht den internationalen Kampf gegen den Terror, sondern ganz
naheliegende Fragen nach der Zukunft der Arbeit und des Wohnens im
Land.

Der vollständige Kommentar: Der Streit zwischen Ermittlern und
Juristen über die Möglichkeiten und die Grenzen der Überwachung
dauert ewig. Die Ermittler wünschen sich möglichst weitgehende
Rechte, um Straftaten aufklären oder verhindern zu können, Juristen
setzen diesen Wünschen regelmäßig mit dem Hinweis auf Grundrechte
Grenzen. So ähnlich lief es auch in Brandenburg, das ein neues
Polizeigesetz verabschieden will. Dabei preschte Innenminister
Karl-Heinz Schröter (SPD) vor und legte zunächst einen Entwurf vor,
der den Ermittlern weitreichende Eingriffe in die Privatsphäre der
Brandenburger einräumte. Das stieß beim Koalitionspartner Linke auf
Kritik, der das rüde Vorgehen bemängelte und einige Forderungen
strikt ablehnte. Nun haben sich beide Seiten aufeinander zubewegt und
einen Kompromiss vorgelegt. Die SPD verzichtet auf die – rechtlich
ohnehin fragwürdige – Fußfessel für Gefährder, im Gegenzug schlucken
die Linken die landesweite Schleierfahndung. Diesen Kompromiss hätte
man auch vorher haben können, aber der SPD ging es wohl vor allem
darum, sich im anstehenden Wahlkampf als Hüter von Recht und Ordnung
darzustellen. Ob das allerdings ausreicht, um die anhaltende
inhaltliche und Vertrauenskrise der Sozialdemokraten zu beenden, ist
fraglich. Die konkreten Sorgen der Brandenburger betreffen derzeit
nicht den internationalen Kampf gegen den Terror, sondern ganz
naheliegende Fragen nach der Zukunft der Arbeit und des Wohnens im
Land.

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