BERLINER MORGENPOST: Konzepteüberprüfen / Kommentar von Susanne Leinemann zu Quereinsteigern

Kurzform: Nun hört man immer öfter den Ruf nach
Verbeamtung von Lehrern – sogar vereinzelt aus den Reihen der
hiesigen SPD. Berlin ist das letzte Bundesland mit angestellten
Pädagogen, nicht gerade ein Lockargument. Hinter dem Ruf steht aber
auch die Hoffnung, verbeamtete Lehrer besser auf die Stadt verteilen
zu können. Der Beamte geht dorthin, wo der Dienstherr ihn haben
möchte. Das mag erst einmal Erleichterung bringen, doch eine echte
Lösung ist das nicht. Denn Lehrer brauchen Engagement. Was bringen
mir strafversetzte muffige Beamtenpädagogen? Nicht viel. Wir müssen
ehrlicher darüber nachdenken, welche pädagogischen Konzepte an
Brennpunktschulen wirklich funktionieren, welche für Lehrer überhaupt
leistbar sind. Damit diese Schulen wieder attraktiv werden – erst für
die Lehrer. Und bald auch für die Schüler.

Der vollständige Kommentar: Nun ist es also amtlich, nein,
akademisch: An Brennpunktschulen ballen sich die Quereinsteiger. Oder
wie es Doris Unzeitig, die frühere Leiterin der
Spreewald-Grundschule, die inzwischen ob der schwierigen Berliner
Schulsituation das Handtuch geworfen hat, mal 2017 in einem Hilferuf
an die Senatsbildungsverwaltung schrieb: „Laufbahnkandidaten melden
sich nicht bei uns.“ Zu schlecht der Ruf der Schule. Die Zahl der
lernmittelbefreiten Mädchen und Jungen, der Anteil an Kindern
nichtdeutscher Herkunft, die Quote der Fehlstunden unter Schülern –
überall, wo diese Werte an einer Berliner Grundschule besonders hoch
sind, finden sich auch besonders viele Quereinsteiger. Das hat nun
eine Studie der Bertelsmann-Stiftung nachgewiesen. Oft seien die
Neupädagogen eine Bereicherung, sagt die Studie auch, aber
anstrengend einzuarbeiten. Und naturgemäß sind Quereinsteiger schnell
überfordert, wenn sie es mit Kindern zu tun haben, die kaum Deutsch
können und womöglich noch verhaltensauffällig sind. Das alles
bewältigen nur mit Lebenserfahrung, ohne pädagogisches Rüstzeug?
Schwierig. Nun hört man immer öfter den Ruf nach Verbeamtung von
Lehrern – sogar vereinzelt aus den Reihen der hiesigen SPD. Berlin
ist das letzte Bundesland mit angestellten Pädagogen, nicht gerade
ein Lockargument. Hinter dem Ruf steht aber auch die Hoffnung,
verbeamtete Lehrer besser auf die Stadt verteilen zu können. Der
Beamte geht dorthin, wo der Dienstherr ihn haben möchte. Das mag erst
einmal Erleichterung bringen, doch eine echte Lösung ist das nicht.
Denn Lehrer brauchen Engagement. Was bringen mir strafversetzte
muffige Beamtenpädagogen? Nicht viel. Wir müssen ehrlicher darüber
nachdenken, welche pädagogischen Konzepte an Brennpunktschulen
wirklich funktionieren, welche für Lehrer überhaupt leistbar sind.
Damit diese Schulen wieder attraktiv werden – erst für die Lehrer.
Und bald auch für die Schüler.

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