Es sind keine schönen Botschaften, mit denen Angela
Merkel nach Griechenland gereist ist. Weitere schmerzliche Reformen 
verlangt die Kanzlerin von dem Krisenland. Doch zeitgleich 
signalisierte die Bundesregierung im fernen Luxemburg, dass sie die 
Südländer nicht alleinlassen will mit den Lasten der Krise. Auch ihre
Verursacher sollen zahlen – über eine Finanztransaktionssteuer. Die 
neue Abgabe ist die eierlegende Wollmilchsau der Fiskalpolitik – 
zumindest für die EU-Kommission, die Bundesregierung und einige 
andere Länder. Sie soll mehrere Ziele erreichen: Sie soll die Banken 
bestrafen und schädliche Spekulationen eindämmen. Und sie soll den 
Finanzministern Einnahmen bescheren, ohne den Kleinsparer zu 
belasten. Doch diese hohen Erwartungen wird die Steuer, die die elf 
Länder nun einführen wollen, nie und nimmer erfüllen. Zwar ist eine 
Finanztransaktionssteuer nicht grundsätzlich Teufelszeug. Nicht 
umsonst hat sie auch Befürworter unter Ökonomen, die sonst nicht 
unbedingt einer Nähe zum Etatismus verdächtig sind. Theoretisch kann 
sie ähnlich wirken wie die allgemeine Mehrwertsteuer, wie man sie aus
dem Supermarkt kennt. Das Geld, das der Staat auf diesem Wege 
einnimmt, könnte er den Bürgern an anderer Stelle zurückgeben. Doch 
die Initiative in Europa folgt eben nicht diesem Muster. Von 
kompensierenden Steuersenkungen an anderer Stelle ist keine Rede. Vor
allem aber wird die Transaktionssteuer nicht so flächendeckend 
erhoben werden, wie es für eine sinnvolle Umsatzsteuer notwendig ist.
Maßgebliche Finanzplätze wie London oder Luxemburg bleiben außen vor.
Und anders als der Wochenendeinkauf, für den man an den Supermärkten 
in der Nähe kaum vorbeikommt, sind Finanzgeschäfte höchst mobil. 
Gerade Profianleger werden alles daransetzen, ihre Geschäfte dorthin 
zu verlagern, wo die Steuer nicht anfällt. Sie werden in andere 
Länder abwandern oder aber in unregulierten Hinterzimmern handeln 
statt über transparente Börsen. Genau die Schattenbanken, die zu 
Recht als ein Herd der letzten Finanzkrise ausgemacht wurden, werden 
gefördert. Damit macht die Transaktionssteuer künftige Krisen eher 
wahrscheinlicher als unwahrscheinlicher. Und selbst die 
verteilungspolitischen Argumente entpuppen sich schnell als 
Augenwischerei. Denn während vermögende Anleger nach den 
Schlupflöchern der neuen Steuer suchen werden, trifft sie die 
Kleinsparer, die neben dem Sparbuch eine einfache Lebensversicherung 
oder einen Fondssparplan haben, mit voller Wucht. Einen Zuwachs an 
sozialer Gerechtigkeit sucht man da vergebens. Die Transaktionssteuer
beschert lediglich Finanzminister Schäuble etwas mehr Geld und Merkel
einen Scheinerfolg über die Krisenverursacher. Dafür nehmen die 
beteiligten Regierungen in Kauf, Teile der Finanzbranche aus ihren 
Ländern zu vertreiben. Ein Lehrstück für teure Symbolpolitik.
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