Nun ist er also auch der offizielle 
Präsidentschaftskandidat der Republikaner. Mitt Romney ist lange von 
den Amerikanern, selbst von denen seiner eigenen Partei, nicht ganz 
ernst genommen worden. Der Wind zu seinen Gunsten hatte sich schon 
vor dem Nominierungskonvent gedreht. In Umfragen liegt er gleichauf 
mit Barack Obama. Das ist für viele Europäer schwer zu begreifen. 
Mitt Romney, der politische Haudrauf, chancenreich gegenüber Obama, 
von dem Amerikaner wie Europäer vor vier Jahren wahre Wunder erwartet
hatten? In Amerika ist die Begeisterung für ihren ersten farbigen 
Präsidenten längst nüchterner Betrachtung gewichen. Anders die 
Stimmungslage in Europa. Die Sympathiewerte für Obama sind weiter 
hoch, der Multimillionär Romney wird dagegen als Finanzspekulant und 
an Peinlichkeit kaum zu überbietender außenpolitischer Ignorant 
abgetan.  Doch es wäre nicht das erste Mal, dass die Europäer, 
vorneweg die Deutschen, die Stimmungslage in Amerika falsch 
einschätzen. Jenseits von Amerika werden Präsident und Kandidat 
vorrangig nach deren außen- und sicherheitspolitischen Positionen 
bewertet. Da liegt Obama klar vorn: Friedensnobelpreis, Irak-Krieg 
beendet, das Trauma Osama Bin Laden überwunden. Erfolge, die auch in 
Amerika zählen. Aber entscheidender für die Wähler dort sind – wie 
übrigens auch in Deutschland – heimische Problemlösungen. Und da sind
Obamas Erfolge eher rar. Gigantische Haushaltsdefizite, eine 
Arbeitslosenquote von acht Prozent, dazu eine Wirtschaftslage, die 
von keiner Wende zur Besserung kündet. Das drängt den Präsidenten in 
die Defensive, ohne dass sein Herausforderer mit überzeugenden 
Alternativen glänzen muss. Selbst Obamas aus europäischer Sicht 
größter innenpolitischer Erfolg, die Gesundheitsreform, spaltet das 
Land. Romney sieht in ihr sozialistisches Teufelswerk, zum Untergang 
verdammt, sollte er gewinnen. Hüten wir uns vor vorschnellen 
Urteilen. Schon einmal haben wir uns über einen 
Präsidentschaftskandidaten lustig gemacht. Der war auch Republikaner.
Er hieß Ronald Reagan. Und hat mit Michail Gorbatschow das Wettrüsten
zwischen Ost und West beendet und die Weichen für die deutsche 
Wiedervereinigung gestellt. Erst die Amtsführung beweist, wie fähig 
ein Präsident wirklich ist.
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