BERLINER MORGENPOST: Wie man beim Thema Migration den Rechtspopulisten das Wasser abgräbt – Leitartikel von Michael Backfisch

Es wäre schön, wenn es eine Weltregierung gäbe, die
Frieden und Wohlstand für alle schaffen könnte. Allein: Es ist ein
Traum. Trotzdem holen die Vereinten Nationen wieder einmal zum großen
Wurf aus. Ein Einwanderungspapier, das den wenig bescheidenen Titel
„Globaler Pakt für Migration“ trägt, verlangt die Verbesserung der
Lebensbedingungen auf dem Planeten. Und: Migranten sollen vollständig
in die Gesellschaft integriert werden.

Obwohl das Abkommen rechtlich nicht verbindlich ist und nur
Empfehlungen enthält, geht ein Aufschrei der Empörung durch Europa.
Ausgerechnet Österreich, das derzeit den Vorsitz im Rat der EU hat,
läuft Sturm gegen die Übereinkunft. Kanzler Sebastian Kurz warnt vor
einer unbegrenzten Armutswanderung. Für die Rechtspopulisten in Wien,
Budapest oder Rom ist die Regelung ein gefundenes Fressen. Sie werfen
alles in einen Topf: Kriegsflüchtlinge, Asylbewerber, Menschen, die
Ländern mit hoher Kriminalität oder Dürre entkommen wollen oder
bessere Lebensbedingungen suchen.

Diese Pauschalverurteilung durch die Rechten ist nicht fair. Das
UN-Abkommen redet ausdrücklich nicht von Flüchtlingen. Doch AfD oder
FPÖ geht es auch nicht um Differenzierung – sie wollen Stimmungen
schüren und Wähler mobilisieren.

Viel wichtiger ist die Erkenntnis, dass man bei der Zuwanderung
streng unterscheiden muss. So steht Deutschland vor der
Mammutaufgabe, diejenigen Flüchtlinge zu integrieren, die bereits im
Land sind. Mit ein paar Sprachkursen oder Seminaren in
Staatsbürgerkunde ist es nicht getan. Es gilt das Prinzip der
Gegenseitigkeit: Deutschland gibt, Migranten haben aber auch eine
Bringschuld, sich an Gebote und Werte des Grundgesetzes zu halten.
Dieser Prozess wird lange dauern. Sollen die Bürger nicht überfordert
werden, sind der Aufnahme künftiger Asylbewerber Grenzen gesetzt.

Dennoch braucht unser Land Fachkräfte aus aller Welt. Die Alterung
der Gesellschaft nimmt zu. Die Unternehmen benötigen qualifiziertes
Personal, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Die
Sozialversicherung ist auf Beitragszahlungen angewiesen, um die
Leistungen auch künftig garantieren zu können. Hierzu muss die
Bundesregierung klare Kriterien für die Auswahl von Migranten
entwickeln. Die Forderung nach einem Einwanderungsgesetz spukt zwar
immer wieder durch die Strategiezentren der Parteien. Doch es ist bis
dato zu wenig passiert.

Der Herausforderung der Migration lässt sich nur mit einem klaren
Konzept und klarer Sprache begegnen. Das ist das beste Gegenmittel
gegen Rechtspopulisten, die nur Ressentiments schüren wollen.

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