BGA: Dienstleistungsunternehmen verhalten zuversichtlich – Brutaler Schritt zur Beruhigung der Finanzmärkte notwendig

„Was die weiteren Wachstumsaussichten betrifft,
befinden wir uns derzeit am Scheidepunkt: Wenn es uns nicht gelingt,
die europäische Schuldenkrise in den Griff zu kriegen, sehe ich die
Gefahr einer Rezession, die im schlimmsten Fall zu einer
weltwirtschaftlichen Depression führen kann. Es ist nun höchste Zeit,
dass die Politik das Heft des Handels entschlossen in die Hand nimmt
und ein starkes Signal gibt. Deshalb fordern wir jetzt das Instrument
Eurobonds mit deutscher Handschrift. Ein Aufstocken der Garantiefonds
lehnen wir entschieden ab.“ Dies erklärte Anton F. Börner, Präsident
des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA),
heute in Berlin anlässlich der Vorstellung der zweiten
Dienstleistungs-Umfrage, die der BGA gemeinsam mit dem Verband der
Vereine Creditreform (Creditreform) im Juli unter 3.000 Unternehmen
durchgeführt hat.

Unternehmensnahe Dienstleister – dabei handelt es sich um
Unternehmen, die Dienstleistungen für Geschäftskunden erbringen –
sind schon heute einer der größten Arbeitgeber im Lande. Deren rund
sechs Millionen Beschäftigte erwirtschaften über 80 Prozent des
Umsatzes im gesamten Dienstleistungssektor. Für den Erfolg der
Deutschland AG sind Informationstechnologien,
Finanzdienst-leistungen, Gebäudemanagement, Logistik, Services sowie
Marketing und Medien von besonderer Bedeutung.

„Die Dienstleister haben in den vergangenen Monaten Gas geben. Im
Zuge der Bewältigung der Wirtschaftskrise hat die kräftige Dynamik
auch die Dienstleistungsunternehmen erfasst. Mit verhaltener
Zuversicht blicken sie auf die weitere wirt¬schaftliche Entwicklung.
Diese Zuversicht stützt sich darauf, dass die Finanzmärkte nicht
völlig aus dem Ruder laufen und so die realwirtschaftliche Erholung
gefähr¬den“, so Professor Dr. Helmut Rödl, Mitglied des Vorstandes
von Creditreform.

Der Dienstleistungs-Klimaindikator hat nochmals zugelegt. Er ist
von 135 auf 142 Punkte gestiegen. Die Geschäftslage ist erneut, aber
etwas abgeschwächt von 128 auf 139 Punkte angestiegen. Sie liegt
damit um drei Punkte über dem Wert des Rekordjahres 2008. Die
Aufwärtsentwicklung hat nicht alle Bereiche gleichermaßen erfasst.
Drei Zweige konnten das Vorkrisenniveau überschreiten:
Finanzdienstleistungen, Facility Management und
Servicedienstleistungen. In zwei weiteren Bereichen ist das
Vorkrisenniveau fast wieder erreicht: Informationstechnologie sowie
Medien und Marketing. Im Logistiksektor hingegen haben sich die
Erwar¬tungen eingetrübt.

Konkret erwarten BGA und Creditreform, dass die Umsätze der
unternehmens-nahen Dienstleistungsunternehmen, die in der Krise um
fast sieben Prozent eingebrochen sind, im Jahr 2011 um +4 ½ Prozent
auf knapp über 600 Milliarden Euro klettern. Für 2012 wird ein
weiterer, aber geringerer Anstieg um 2 ½ Prozent auf rund 616
Milliarden Euro erwartet.

Seine magere Prognose von 1,75 Prozent für das
gesamtwirtschaftliche Wachstum im laufenden Jahr 2011 hebt der BGA
leicht an auf zwei Prozent. Für 2012 erwartet er dann ein deutlich
geringeres Wachstum von rund einem Prozent.

Unternehmen stellen sich Arbeitnehmerfreizügigkeit „Die
Dienstleistungsunternehmen sehen sich gut aufgestellt und den
Anforderungen der heimischen und internationalen Märkte gewachsen.
Sie fürchten auch nicht den Wettbewerb aus dem Ausland“, so Rödl. Für
86 Prozent der befragten Unternehmen ergäben sich keine Auswirkungen
aus der seit 1. Mai 2011 geltenden vollständigen Dienstleistungs- und
Arbeitnehmerfreizügigkeit. Nur etwa jedes zwanzigste Unter¬nehmen
spüre einen verstärkten Preiswettbewerb durch die Konkurrenz von
Billiganbietern aus Osteuropa. Und fast jedes zehnte Unternehmen
nutze selbst die Chancen der größeren Freizügigkeit in Europa.

Auflagen und starker EURO versus Transferunion „Aus der
Schuldenfalle kommen wir nur mit Wachstum heraus. Das aber erfordert
ruhiges Fahrwasser auf den Kapitalmärkten. Ein Nullwachstum wäre bei
steigenden Zinsen bereits katastrophal. Bei Nullwachstum zu
versuchen, sich gesund zu sparen, bedeutet ein Totsparen und führt
zum Staatsbankrott“, warnt Börner. Unverzichtbar für Deutschland und
andere bonitätsstarke Länder seien strikte Auflagen für Eurobonds wie
eine verfassungsmäßige Schuldenbremse, die Modernisierung der
Verwaltungen und eine Flexibilisierung der Arbeitsmärkte einhergehend
mit der Verbesserung der beruflichen Ausbildung. Verletzt ein Land
diese Auflagen, insbesondere die Schuldenbremse, müsse es sein
Stimmrecht in Europa ohne Wenn und Aber verlieren.

„Unter diesen strengen Auflagen kosten Eurobonds weniger als die
Alternativen. Dann vertiefen sie auch nicht die Haftungsunion, in der
wir schon längst sind. Sie sind dann auch ordnungspolitisch
vertretbar, weil sie ein wirksames Instrument sind, um den Märkten zu
signalisieren, dass sie viel Geld verlieren, wenn sie dagegen halten
und damit die Krise verschärfen“, so der BGA-Präsident. „Wir
appellieren an die Politik, ihren Primat einzufordern und mutig und
entschlossen die Märkte zu disziplinieren. Dann wird die Wirtschaft
weiter auf Erfolgskurs bleiben. Deutschland und Frankreich müssen es
in die Hand nehmen und die Bedingungen diktieren. Es bleiben uns nur
noch ein paar Wochen“, so Börner abschließend.

25, Berlin, 23. August 2011

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