Biozidrecht – In-situ-Anlagen unterliegen nicht der biozidrechtlichen Zulassungspflicht

Biozidrecht – In-situ-Anlagen unterliegen nicht der biozidrechtlichen Zulassungspflicht

So ging es kürzlich in einem Verfahren vor dem Landgericht München I um die Werbung
für ein In-situ-Gerät, welches damit beworben wurde, dass es nicht der Zulassungspflicht
gemäß der Biozid-Richtlinie unterliegt. Hiergegen hatte ein Konkurrenzunternehmen
geklagt, welches der Auffassung war, dass auch der Biozid-Generator unter die
Zulassungspflicht fällt. Mit Urteil vom 01.11.2011 hat das Landgericht München I die
darauf gerichtete Unterlassungsklage jedoch mangels Irreführung abgewiesen.

Das Gericht kommt völlig zutreffend zu dem Ergebnis, dass der vom
Beklagtenunternehmen vertretene Generator nicht der Zulassungspflicht gemäß §§ 12 a,
12 d ChemG unterliegt. Der Generator ist nämlich kein Biozid-Produkt im Sinne der
Biozid-Richtlinie 98/8/EG. Danach sind Biozid-Produkte nur „Wirkstoffe und
Zubereitungen, die ein oder mehrere Wirkstoffe enthalten“ (Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie).
Wie das Gericht zutreffend ausführt, ist der Generator als Gerät bei wörtlicher Auslegung
kein Wirkstoff und keine Zubereitung im Sinne der Definition. Eine Auslegung, dass
Geräte ebenfalls Wirkstoff und Zubereitung sein können, wäre mit den Worten des
Gerichts „contra legem“ und ist damit nicht möglich.

Ferner bezieht das Gericht den neuen Entwurf der Biozid-Verordnung mit ein, wonach
dort Geräte in die Definition von Biozid-Produkten aufgenommen werden und ab dem
01.01.2017 einer Zulassungspflicht unterliegen sollen. Richtigerweise bedeutet das nach
Auffassung des Gerichts im Umkehrschluss, dass für solche Wirkstoffe und Geräte zum
Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Verordnung (voraussichtlich Anfang 2013) noch
keine Zulassungspflicht bestanden hat, denn sonst wäre keine Übergangsvorschrift unter
dem Gesichtspunkt des Bestandschutzes erforderlich. Selbst wenn in einzelnen
Mitgliedstaaten von den Zulassungsbehörden die Ansicht vertreten werden sollte, dass
bereits jetzt auch Geräte der Zulassungspflicht nach geltendem Recht unterlägen, so ist
diese Ansicht einzelner Mitgliedstaaten, wie das Gericht wiederum zutreffend ausführt,
nicht bindend für die deutsche Zulassungsbehörde, die Bundesanstalt für Arbeitsschutz
und Arbeitsmedizin (BAuA).

Das Gericht führt weiter aus, dass die beanstandete Aussage der Rechtsansicht der BAuA
als zuständige nationale Biozid-Zulassungsbehörde entspricht. Das beklagte
Unternehmen hatte hierzu eine Rechtsauskunft der BAuA eingeholt, die ebenfalls
bestätigt hat, dass Biozid-Generatoren allenfalls erst ab 2017, sofern der Entwurf der
Biozid-Verordnung in Kraft tritt, zugelassen werden müssten. Insofern konnte auch aus
diesem Grund die Werbeaussage, die der aktuell eingeholten Rechtsansicht der
zuständigen Behörde entspricht, nicht unlauter sein.

Weiterhin hat, wie das Gericht es richtig sieht, das beklagte Unternehmen mit der
streitgegenständlichen Aussage nicht „suggeriert“, dass die unter Verwendung des
Generators gewonnenen Biozid-Produkte einer Zulassungspflicht unterliegen. Zum einen
ist mit den Worten des Gerichts auch hier die BAuA gemäß der eingeholten
Rechtsauskunft der Ansicht, dass In-situ hergestellte Substanzen derzeit nicht von der
Biozid-Richtlinie betroffen sind (so auch unsere Auffassung in StoffR 6/2008, 309 ff.).
Zum anderen hat das beklagte Unternehmen nicht für die In-situ hergestellte Substanz
geworben, sondern ausschließlich für den Generator.

Zu guter Letzt kommt das Gericht zu dem korrekten Ergebnis, dass der von dem beklagten
Unternehmen geforderte eingeschränkte Unterlassungsanspruch dahingehend, dass die
Beklagte ihre Werbebehauptung eine Aufklärung über die künftige Zulassungspflicht
beifügen muss, nicht bestehe. Eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise würde
nach Auffassung des Gerichts nämlich nur dann vorliegen, wenn die Zulassungspflicht
unmittelbar bevorstehen würde und die Anschaffung des jetzt noch zulassungsfreien
Generators wirtschaftlich für die Kunden uninteressant werde. Für letzteres hat die
Beklagtenseite jedoch nicht Substantiiertes vorgetragen, so dass die Klage auch aus
diesem Grund abzuweisen war.

Im Ergebnis können wir den überzeugenden Ausführungen des Gerichts nur beipflichten.
Auch wenn die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist, sind wir davon überzeugt, dass
das Berufungsgericht, falls es zur Berufung kommt, sich der Auffassung des
erstinstanzlichen Landgerichts anschließen wird. Somit sollte dann auch der Literaturstreit
über die Frage, ob In-situ hergestellte Geräte und Substanzen derzeit der
Zulassungspflicht unterliegen, erledigt sein.

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