Börsen-Zeitung: Aktiv und passiv – Kommentar zum Strukturwandel in der Fondsindustrie von Werner Rüppel

Das vergangene Jahr war ein gutes für aktive
Fonds. So schlugen laut der Ratingagentur Scope Analysis immerhin 53%
von betrachteten 2100 Aktienfonds 2017 ihre Benchmark. Und nach
Abflüssen von mehr als 73 Mrd. Euro in 2016 konnten aktive
Aktienfonds im vergangenen Jahr in Europa knapp 63 Mrd. Euro an neuen
Geldern einsammeln. Indes, die passiven Produkte, Indexfonds und
börsengehandelte Fonds (ETF), wuchsen gemäß den Daten von Morningstar
mit Zuflüssen von gut 104 Mrd. Euro auf der Aktienseite auch 2017
stärker als die aktiven. Selbst im verhaltenen Aktienjahr 2016 hatten
die passiven Aktienfonds in Europa noch Zuflüsse von knapp 30 Mrd.
Euro verbucht.

Passiv wächst also auch in Europa stärker. Bei Aktienfonds beträgt
der Anteil der passiv verwalteten Assets bereits 26,2%. Doch bleibt
der alte Kontinent noch hinter den USA zurück, wo aktive Fonds
zuletzt drei Jahre in Folge Abflüsse hinnehmen mussten und beinahe
die Hälfte der verwalteten Mittel bei Aktienfonds passiv angelegt
sind.

In Europa könnte nun die EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II mit
ihren verstärkten Transparenzvorschriften den Trend zu passiv
verstärken und zu einem zusätzlichen Wachstumsschub für die
preisgünstigen Indexfonds führen. Doch das ist dann eine Frage für
die Fondsindustrie. Den Anleger interessiert vor allem, was für ihn
besser ist, aktiv oder passiv.

Bei Aktienfonds kommen fast alle Untersuchungen zu einem klaren
Ergebnis: Langfristig, über einen Zeitraum von zehn Jahren und mehr,
schneiden die passiven Fonds mehrheitlich besser ab als die aktiven.
Dies ist auch leicht nachzuvollziehen, sind doch aktive Produkte mit
wesentlichen höheren Managementgebühren belastet als die passiven
Aldi-Fonds. Laut den Untersuchungen von Morningstar, die auch
inzwischen mangels Erfolg geschlossene Produkte miteinbeziehen,
erzielen nur rund 20% der aktiven Aktienfonds über zehn Jahre eine
Outperformance gegenüber dem Durchschnitt der passiven. Zu ähnlichen
Ergebnissen kommt auch der ETF-Anbieter Lyxor.

Wenn auch die Masse der aktiven auf Dauer schlechter abschneidet,
so gibt es doch über die Jahre erfolgreiche aktive Fondsmanager oder
entsprechende Teams, die outperformen. Diese überdurchschnittlichen
Fondslenker sind auch häufig bekannt. So zählen bei deutschen
Standardwerten Tim Albrecht von der Deutschen Asset Management oder
der zu Berenberg gewechselte Henning Gebhardt zu den aktiven Stars.
Mit deutschen Nebenwerten sind zum Beispiel Michael Muders von Union
Investment oder Olgerd Eichler von Mainfirst überdurchschnittlich
erfolgreich. Auch mit quantitativen Ansätzen gelingt es ausgewählten
aktiven Managern, den Index auf Dauer zu schlagen. Doch bestehen auch
bei guten, erfahrenen aktiven Managern stets Risiken, dass ein
überdurchschnittliches Abschneiden nicht mehr anhält. Ein Fonds mag
zu groß werden, damit eine gewählte Strategie noch funktioniert.
Erfolgreiche Fondsmanager können den Arbeitgeber wechseln. Und
vorübergehende Schwächephasen sind ohnehin immer möglich. Somit sind
passive Indexfonds so etwas wie die sichere Variante. Auch wenn klar
ist, dass keine Outperformance erzielt wird, besteht auch kein Risiko
einer signifikanten Underperformance.

Dass Kosten auch für das Abschneiden von aktiven Fonds eine
wesentliche Rolle spielen, wird bei der Diskussion um aktiv oder
passiv mitunter übersehen. So schneiden günstige aktive Fonds laut
Untersuchungen von Morningstar deutlich besser ab als teure. Dies
bleibt auch den Konstrukteuren von Multi-Asset-Lösungen nicht
verborgen. „Was man bei den Kosten spart, hat man als Performance
direkt im Portemonnaie“, sagt Marc Schaffner, Portfolioanalyst bei
der UBS. Kosteneffizienz sei eine wichtige Voraussetzung für den
langfristigen Erfolg. Der Multi-Asset-Spezialist betont: „Wer den
Fokus auf die Managementgebühren legt, kann seine Rendite langfristig
und systematisch steigern.“

Institutionelle Investoren haben bei aktiven Fonds gegenüber
Privatanlegern einen Vorteil. Über spezielle Insti-Tranchen können
sie die Kosten eines Fonds merklich senken und ihre Performance
erhöhen. Hingegen mindern Bestandsprovisionen, insbesondere wenn sie
hoch ausfallen, den langfristigen Wertzuwachs eines Fonds. Alles in
allem können Anleger die günstigen passiven Fonds als Kerninvestments
einsetzen; eine deutliche negative Abweichung zum Index tritt hier
eben nicht ein. Bei aktiven Fonds gilt es genau hinzuschauen: Ist der
Manager überdurchschnittlich erfolgreich und ufern die Kosten nicht
aus. Nur dann machen aktive Produkte noch Sinn.

(Börsen-Zeitung, 03.02.2014)

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