Wenn es eines gäbe, das er in seinen vielen
Gesprächen mit Konzernlenkern immer wieder zu hören bekomme, dann,
dass diese nicht noch mehr IT-Partner haben wollen, erzählt SAP-Chef
Bill McDermott. Aus der Überzeugung, dass die Bequemlichkeit bei den
meisten Firmen obsiegt, möglichst nur einen Ansprechpartner zu haben,
füllt SAP die weniger werdenden Lücken im Portfolio konsequent.
Glaubt man den Analysten von Gartner, ist die jetzt erworbene
Callidus diesbezüglich ein echter Glücksgriff. Das US-Unternehmen mit
kaum 200 Mill. Dollar Jahresumsatz zählt mit seiner Produktsuite
„Lead to Money“ den Marktforschern zufolge gleich in zwei Kategorien
zu den führenden Anbietern. Während SAP bislang bestenfalls im
Mittelfeld rangierte, ist ausgerechnet Erzrivale Oracle hier bereits
gut aufgestellt.
Insofern trifft die Primäranforderung, die Finanzvorstand Luka
Mucic seit Jahren an ein Übernahmeziel stellt, bei Callidus vollends
zu: Bestenfalls sollte das Target komplementäre Technologie bieten.
Dass der 12-fache Umsatz geboten wird, erscheint auf den ersten Blick
dennoch großzügig. Allerdings ist das kalifornische Unternehmen
bislang vor allem in den USA am Start und kann künftig mit dem
globalen Vertriebsnetzwerk von SAP wohl deutlich schneller wachsen,
als die knapp 30% jährlich, die zuletzt auf eigene Faust geglückt
waren. Da kann der Dax-Konzern der künftigen Tochter auch gleich
zeigen, wie gut er selbst die Kunst beherrscht, „zum Geld zu führen“.
Wie schon beim 2014 erworbenen Reisekostenabrechnungs-Spezialisten
Concur hat SAP auch die Anwendungen aus der Cloud von Callidus im
eigenen Haus im Einsatz. Die Walldorfer dürften also über die Vor-
und Nachteile der akquirierten Technologie umfassend im Bilde sein.
Auch das Motto Simplifizierung, das der Strategie, möglichst viel aus
einer Hand anzubieten, zugrunde liegt, nimmt sich SAP auch selbst zu
Herzen. So hat der Konzern praktisch das komplette geistige Eigentum
nach Walldorf transferiert – zur Vereinfachung.
Mit der Vereinfachung, die SAP dem Kunden bieten will, geht der
Konzern allerdings auch ein Risiko ein. Technologische Entwicklungen
kommen oft rasant. Wer gestern noch zu den Technologieführern zählte,
kann morgen schon überholt sein. Wer alles aus einer Hand bieten
will, muss da im Zweifel immer wieder punktuell nachkaufen. Auch wenn
SAP aktuell kaum Bedarf ausmacht, dürfte dies kein Befund von Dauer
sein. Callidus ist nur der jüngste, aber sicher nicht der letzte
Milliardendeal von SAP.
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