Manchmal geht es selbst in Europa plötzlich ganz
schnell. Noch im März schienen die seit Jahren andauernden 
EU-Verhandlungen über eine Lockerung des Bankgeheimnisses blockiert. 
Nun jedoch, gerade einmal wenige Wochen später, scheint der Knoten 
geplatzt. Eine „Durchbruch“-Meldung folgt der nächsten: Luxemburg 
lenkt ein, Österreich lenkt ein, die Schweiz macht sich Gedanken. Die
Vorwetten für den EU-Finanzministerrat in 14 Tagen und den 
EU-Sondergipfel in drei Wochen lauten mittlerweile auf Einigung. 
Einigung sowohl über die seit 2008 im Ministerrat feststeckende 
Erweiterung der EU-Zinsrichtlinie als auch über das Mandat für 
Verhandlungen mit der Schweiz. Endlich, und auf einmal ganz zügig.
   Die Österreicher wollen zwar ihre heimischen „Oma-Konten“ – also 
Einlagen von Inländern – außen vor lassen. Und die Wiener Regierung 
hat zudem einige Wünsche mit Blick auf bilaterale Abkommen. Das alles
aber ändert nichts daran, dass es das, was man in Europa bislang 
landläufig unter Bankgeheimnis verstand, schon bald nicht mehr in 
dieser Form geben wird – zumindest nicht für Kunden, die sich durch 
ein Bankkonto in einem anderen EU-Staat der Wahrnehmung durch den 
heimischen Fiskus entziehen wollten. Alles neu macht der Mai.
   Die einen sagen: Na also, der Druck Europas hat gewirkt. Das ist 
aber nur bedingt richtig, denn dabei wird unterschlagen, wie stark 
die Dynamik von den USA und deren Steuermeldegesetz Fatca entfacht 
worden war. Andere beklagen, es sei unfair, wie Österreich in die 
Enge getrieben wurde. Dem steht entgegen, dass Umfragen zufolge 
Österreichs Bürger selbst nicht mehr mehrheitlich hinter der 
Blockadehaltung ihrer Regierung standen, was den EU-weiten 
Informationsaustausch angeht. Zudem ist es wenig überzeugend, die 
Verletzung der Interessen eines Landes zu beklagen und auszublenden, 
dass dieser Staat den Interessen der anderen EU-Partner lang im Wege 
stand.
   Zum Gesamtbild gehört schließlich auch, dass die EU im aktuellen 
Fall beweist, dass sie eine Gemeinschaft ist, die genug politischen 
Anstand besitzt, jedem Mitglied beim Einschwenken auf den gemeinsamen
Kurs eine gesichtswahrende Lösung zu ermöglichen. Drum: Mag sein, 
dass sich die Hoffnungen auf jähe zusätzliche Steuermilliarden nicht 
erfüllen. Eine Verständigung über den automatischen 
Informationsaustausch, wie er sich für Mai abzeichnet, ist dennoch 
ein politischer Erfolg für die EU. Auch wenn es in diesem Fall eine 
halbe Ewigkeit gebraucht hat.
(Börsen-Zeitung, 1.5.2013)
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