In Griechenland spitzt sich die Lage immer mehr
zu. Was von Seiten des griechischen Regierungschefs Giorgos
Papandreou als ein Befreiungsschlag gedacht war, hat zu einer
ausgewachsenen Regierungskrise geführt. Eine auf das im Land stark
umstrittene Sparpaket eingeschworene Regierung der nationalen Einheit
hätte dem Land und den Märkten eine gewisse Sicherheit gebracht. Dazu
kommt es aber nicht, Oppositionsführer Antonis Samaras hat sich dem
entzogen.
Der Grund dafür ist sogar einigermaßen nachvollziehbar: Die
wichtigste Oppositionspartei Nea Demokratia und ihr Chef Samaras
haben sich unter dem Eindruck der an Intensität zunehmenden Proteste
der Bevölkerung auf die Forderung festgelegt, das Rettungspaket mit
Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds komplett neu zu
verhandeln. Damit sind die Differenzen zwischen Regierung und
Opposition einfach zu groß, als dass beide Parteien ohne
Gesichtsverlust in einer Regierung zusammenarbeiten könnten.
Das Kabinett Papandreou ist nun schwer angeschlagen, seine
politische Zukunft hängt am seidenen Faden. Die Wahrscheinlichkeit,
dass der gegenwärtige Ministerpräsident in Kürze sein Amt zur
Verfügung stellen wird oder einer wohl von ihm initiierten
Vertrauensabstimmung im Parlament zum Opfer fällt, ist hoch. Es ist
nämlich längst nicht mehr sicher, dass Papandreou noch über eine
Mehrheit verfügt. Mit Blick auf tatsächliche und angebliche soziale
Ungerechtigkeiten des Rettungs- und Sparpakets läuft ihm der linke
Flügel der regierenden Sozialistischen Partei davon. Da hilft auch
eine Kabinettsumbildung nicht viel.
Die Märkte haben auf die zunehmend unsichere Lage in Athen wie
erwartet reagiert: Die Kosten der Kreditausfallversicherungen auf
griechische Staatsanleihen sind kräftig weiter gestiegen und haben
einen neuen Rekord erreicht. Der Euro steht unter deutlichem
Verkaufsdruck.
Zu einem Absturz des Euro ist es allerdings nicht gekommen. Denn
während sich noch längst nicht alle Politiker den Realitäten stellen,
ist es den Marktteilnehmern seit langem klar, dass es zu einer
Umschuldung des Landes kommen wird – entweder geordnet im Rahmen
eines weiteren Rettungspakets oder ungeordnet und chaotisch im Rahmen
eines Zusammenbruchs der Regierung und eines waschechten
Staatsbankrotts. Die unrealistischen Forderungen der griechischen
Opposition wie auch die Verzögerungstaktik einiger EU-Regierungen
lassen letztere, für die Märkte wesentlich unangenehmere Alternative
wahrscheinlicher werden.
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