Anleihen mittelständischer Unternehmen sind
derzeit der große Hype der deutschen Börsen. Gleich drei
Marktbetreiber sind im November in das Geschäft eingestiegen. Sie
folgen damit der Börse Stuttgart, die seit dem Frühjahr das
BondM-Segment betreibt, sodass nun vier Börsen um kleine und
mittelgroße Unternehmensemittenten buhlen.
Ob das zu viel des Guten ist oder der Markt genug Platz für vier
Wettbewerber bietet, wird man erst in zwei bis drei Jahren wissen.
Derzeit sehen die Aussichten gut aus. Die alle Erwartungen sprengende
Entwicklung der Konjunktur, durch die sich die Investitionstätigkeit
belebt, erhöht den Finanzierungsbedarf. Gleichzeitig entwickelt sich
der inländische IPO-Markt nach wie vor mäßig und gestaltet sich die
Mittelbeschaffung über Bankkredite immer schwieriger. Da bietet sich
der Anleihemarkt als Vehikel geradezu an.
Ein nachhaltiger Erfolg der Mittelstandssegmente ist allerdings
keine Selbstverständlichkeit. Die Börsen sollten sich von dem
Wettbewerb nicht dazu verleiten lassen, bei der Qualität der
Emittenten gegebenenfalls ein Auge zuzudrücken, um den Zuschlag zu
erhalten, sondern ihre Kriterien bezüglich Transparenz und
Anlegerschutz konsequent einhalten. Das Vertrauen der Privatanleger,
auf die die Segmente auf der Investorenseite zugeschnitten sind, kann
leicht – und dann auch nachhaltig – verloren gehen.
Allerdings sind die Aussichten der Mittelstandssegmente derzeit
auch von der Investorenseite her äußerst günstig. Aufgrund der
unbefriedigenden Erträge, die mit liquiden Mitteln und erstklassigen
Staatspapieren zu erzielen sind, suchen die Anleger nach einer
Alternative, die höhere Renditen bietet. Da viele Anleger nach wie
vor Aktieninvestments scheuen, stehen auch bei den Privaten
Unternehmensanleihen hoch im Kurs.
Für die Mittelstandssegmente könnten sich hieraus Probleme
ergeben, gegen die die Börsen kaum etwas ausrichten können. Der Boom
des Unternehmensanleihemarktes ist zu einem großen Teil auf die
verzerrenden Effekte der extrem expansiven Geldpolitik
zurückzuführen. Dreht sich die Geldpolitik, wird die relative
Attraktivität der Unternehmensanleihen abnehmen. Vor allem aber
drohen in einer solchen Situation empfindliche Kursverluste mit der
Folge, dass die Anleger das Weite suchen.
(Börsen-Zeitung, 24.11.2010)
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