Börsen-Zeitung: Cevians neuer Freund, Kommentar von Christoph Ruhkamp zum offenbar bevorstehenden Einstieg des Hedgefonds Elliott bei Thyssenkrupp

Mit dieser Allianz hat kaum jemand gerechnet:
Schon seit Monaten fordert der schwedische Finanzinvestor und
Thyssenkrupp-Großaktionär Cevian die Zerschlagung des schwerfälligen
Industriekonglomerats – ohne Erfolg: Mit der Krupp-Stiftung im Rücken
konnte der seit 2011 amtierende Vorstandschef Heinrich Hiesinger
seinen Plan zum Umbau des Konzerns weiter verfolgen. Doch nun könnte
sich das Blatt wenden. Cevian hat möglicherweise einen „neuen Freund“
gefunden. Der berüchtigte Hedgefonds Elliott, der in Finanzkreisen
einen bevorstehenden Einstieg bei Thyssenkrupp ankündigt, käme
zusammen mit Cevian voraussichtlich auf einen höheren Anteil als die
Krupp-Stiftung mit 21 %.

Damit fänden zwei ungleiche Aktivisten zueinander: Elliott, der
kurzfristig agierende Unruhestifter, und Cevian, der langfristig
orientierte Kümmerer mit Aufsichtsratsengagement. Das würde eine neue
Machtperspektive bei Thyssenkrupp eröffnen. Cevian könnte mit Elliott
das durchsetzen, was allein nicht möglich war: Die fünf Sparten des
Konzerns für Aufzüge, Automobilkomponenten, Großanlagen, Stahl und
Werkstoffhandel würden operativ jeweils eigenständig unter einer
Holding versammelt. Anschließend würden Abspaltungen und Börsengänge
folgen. Damit würde Cevian-Gründer Lars Förberg das beseitigen, was
er negative Synergien des Konglomerats nennt: den Entscheidungsstau
an der Spitze und den Verwaltungswasserkopf des Essener
Hauptquartiers.

Nie waren aktivistische Investoren wie Paul Singer, der Gründer
von Elliott, so aktiv wie derzeit. Aus den USA ist ihr
Geschäftsmodell nach Europa gekommen. Im Jahr 2017 verdoppelten sich
die Investments der aktivistischen Investoren gegenüber dem Vorjahr
laut Investmentbank Lazard auf 62 Mrd. Dollar. Auch das Bild der
Aktivisten hat sich gewandelt, seit die großen alten Männer wie Carl
Icahn oder Paul Singer in den 1980ern ihr Geschäft starteten. Während
sie lange Zeit als Erpresser und Unruhestifter galten, wird den
Aktivisten inzwischen immer häufiger nachgesagt, mit ihren Kampagnen
auch die Interessen aller Aktionäre wahrzunehmen.

In Deutschland ist Elliott beim Maschinenbauer Gea, bei Kabel
Deutschland und Uniper aktiv. Bei dem Kraftwerksbetreiber agiert
Elliott mit bisher mäßigem Erfolg: Der Hauptversammlungsantrag, einen
Sonderprüfer einzusetzen, der dem Vorstand Pflichtverletzungen bei
der Verteidigung gegen die feindliche Übernahme durch Fortum
nachweisen soll, trifft bei anderen Aktionären nicht auf Gegenliebe.
Sie ahnen, dass es in diesem Fall doch eher um Nötigung geht.

(Börsen-Zeitung, 23.5.2018)

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