Es fehlen noch immer rund 200 Milliarden. Bisher
hat die Europäische Zentralbank (EZB) 143 Mrd. Euro in Staatsanleihen
der Euro-Peripherieländer gesteckt. Bis Anfang August kauften die
Notenbanker dabei wohl nur griechische, irische und portugiesische
Papiere, und zwar im Umfang von knapp 80 Mrd. Euro – etwa 15% der
Schulden Athens, Dublins und Lissabons befinden sich damit auf den
Büchern der EZB.
Dann erklärten die Währungshüter, die Käufe nun auf spanische und
italienische Bonds auszuweiten. Prompt wurden für weitere 70 Mrd.
Euro Papiere gekauft. Der Großteil dieser Summe dürfte in
italienische Papiere geflossen sein. Doch trotz dieser heftigen
Ausweitung der Käufe ist der Anteil der EZB an den Schulden Roms
deutlich geringer als in den zuerst genannten drei Ländern, nämlich
weniger als 4%. Um auf 15% zu kommen, müssten nochmals für mindestens
200 Mrd. Euro Papiere gekauft werden. Da fehlt also noch was.
Die Summen sind gewaltig, aber der Anteil am gesamten Markt
gering. Es ist kein Wunder, dass die erhoffte Wirkung ausbleibt –
selbst 15% scheinen noch zu gering zu sein, um eine Wirkung zu
erzielen. Das zeigen die Renditen Griechenlands. Auch sie konnten
durch die EZB-Käufe nicht gesenkt werden. Dass es erst recht nicht
ausreicht, 4% des Marktes zu kaufen, zeigt die gestrige Auktion
Italiens. Wieder einmal musste Rom Rekordzinsen bieten, um
ausreichend Nachfrager zu finden. Die Rendite kletterte auf 5,6% – so
hoch wie nie seit der Euro-Einführung.
Will die EZB diesen Trend brechen, muss sie noch stärker am Markt
intervenieren. Das freilich wirft schwere ordnungspolitische Probleme
auf. Erstens erhöht die Notenbank das Moral-Hazard-Problem: Warum
soll Berlusconi mit Sparen und Reformieren Ernst machen, wenn die EZB
im Problemfall einspringt? Zweitens übersteigt das Volumen der
gekauften Anleihen mittlerweile deutlich das ohnehin geringe
Eigenkapital der Notenbank von 4% der gesamten Aktiva.
Abschreibungen auf die gekauften Wertpapiere könnten für die EZB
folglich zum Problem werden. Zwar kann sie theoretisch auch mit
negativem Eigenkapital operieren, aber praktisch dürfte dies zu einem
herben Vertrauensverlust in die Notenbank führen. Deshalb kann sie
immer weniger zulassen, dass ein Krisenland pleitegeht. Es gilt die
alte Regel: Hast du 10000 Euro Schulden, hast du ein Problem – hast
du 10 Mill. Euro Schulden, hat die Bank ein Problem. Italien schuldet
der EZB mittlerweile wohl mindestens 50 Mrd. Euro.
(Börsen-Zeitung, 14.9.2011)
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