Börsen-Zeitung: Denkzettel für Trump / Kommentar zur Zinsentscheidung der US-Notenbank von Peter de Thier

So unverbindlich der Zeitplan der US-Notenbank
für weitere Zinserhöhungen auch ist, haben der Offenmarktausschuss
und Fed-Chef Jerome Powell doch zwei klare und wichtige Botschaften
gesendet: Von Kursschwankungen an den Aktienmärkten werden sie sich
bei der Normalisierung der US-Geldpolitik nicht beirren lassen – und
schon gar nicht werden sie sich als unabhängige Institution von
US-Präsident Donald Trump ins Handwerk pfuschen lassen.

Bis zum Tag des jüngsten Zinsbeschlusses hatte Trump unermüdlich
die Muskeln spielen lassen und versucht, auf die Währungshüter
einzuwirken. Um jeden Preis wollte er verhindern, dass die Fed erneut
die Zinsen anhebt. Händeringend suchte er auch nach einem Sündenbock,
dem er die Schuld für die jüngsten Kurseinbrüche zuschieben konnte.
Schließlich war die vorausgegangene Aktienhausse in den Augen des
Präsidenten eine unmittelbare Manifestation seiner Steuer- und
Ausgabenpolitik.

Diesen Schuh wollten sich Powell & Co. aber nicht nur nicht
anziehen. Mit dem einstimmigen Beschluss, das vierte Mal im laufenden
Jahr den Leitzins anzuheben, verpassten sie Trump zugleich einen
Denkzettel, den der Präsident gründlich verarbeiten sollte, aller
Voraussicht nach aber ignorieren wird. Mit Blick auf die zuletzt
teils erheblichen Kursausschläge sprach Powell von einem „kleinen
bisschen Volatilität“, welche kaum gesamtwirtschaftliche Wirkung
entfalten werde.

Es ist einerseits beruhigend, dass die Notenbank sich
ausschließlich auf ökonomische Fundamentaldaten konzentrieren will.
Selten waren diese aber so schwer einzuordnen wie zum Jahresende.
Einerseits sitzt Verbrauchern, die von dem robusten Arbeitsmarkt und
höheren Löhnen ermutigt sind, das Geld locker in der Tasche.
Andererseits leiden Unternehmen unter den Einfuhrzöllen und
investieren weniger. Auch das geht zum Teil auf das Konto eines
unberechenbaren Präsidenten, von dem man nie weiß, ob er den nächsten
Verhandlungsdurchbruch oder einen neuen Handelskrieg verkünden wird.

Neben Trump meinen auch andere Kritiker, die Fed sei 2018 zu
rabiat vorgegangen. Dabei macht Powell im Grunde nichts anderes als
seine Vorgänger. Wie es im Poker so schön heißt, „spielt er die Hand,
die ihm ausgeteilt wurde“. Dazu gehören eine robuste Konjunktur, ein
langsam zunehmender Inflationsdruck und ein stockender Häusermarkt –
aber auch ein Präsident, der volatiler ist als die Märkte und der
lernen sollte, dass er bei den unabhängigen Währungshütern auf taube
Ohren stößt.

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