Börsen-Zeitung: Der Dax hat ein Problem / Kommentar zur Aktiengewichtung im Deutschen Aktienindex (Dax) von Werner Rüppel

Der Dax hat ein Problem. Und es heißt nicht
Wirecard oder Deutsche Bank. Das Gewicht dieser Titel ist Peanuts
im Index der 30 größten deutschen Aktien. Ihr Anteil an der Benchmark
liegt bei gerade einmal 1,2% beziehungsweise 1,5%. Somit beeinflussen
die Kursschwankungen dieser Werte den Leitindex kaum.

Das Problem heißt vielmehr Bayer. Denn der Pharmakonzern ist eben
ein Schwergewicht im Dax und hat zudem in den vergangenen Monaten
massiv an Wert verloren. Stand eine Bayer-Aktie Ende 2017 noch bei
104 Euro, so sind es Ende März 2019 nur noch 57,60 Euro. Rechnet man
ein Jahr zurück, ist der Titel rund 35% abgerutscht. Das Gewicht des
Pharmakonzerns im Dax betrug im August 2018 übrigens noch 8,3% und
hat sich durch den Kursverfall inzwischen auf 6,5% ermäßigt.

Dass Schwergewichte eine solch große Rolle für das deutsche
Aktienbarometer spielen, ist konstruktionsbedingt. Für das
Dax-Gewicht eines Titels zählt eben die Marktkapitalisierung seines
Streubesitzes. Die Deutsche Börse hat aber seit 2006 immerhin das
maximale Gewicht eines Titels auf 10% begrenzt. Die Dax-Gewichtung
wird vierteljährlich an die aktuelle Entwicklung angepasst und neu
„verkettet“. Aufgrund der Kursentwicklung kann aber eine Aktie
zwischen zwei Verkettungsterminen kurzfristig auch mehr als 10% zum
Dax beitragen. So hat SAP, der bedeutsamste Wert im deutschen
Börsenbarometer, derzeit einen Anteil von 10,5%. Dahinter folgt
Siemens mit 8,5% Anteil.

Durch seine Ausgestaltung wird der Verlauf des Dax – in Form des
Performance-Index – vor allem durch die Wertentwicklung inklusive
Dividendenzahlungen seiner Schwergewichte bestimmt. Das ist zunächst
einmal neutral zu sehen, hat es doch Vor- und Nachteile. Denn laufen
die Schwergewichte an der Börse, startet der Dax durch. Gerät aber
ein Dickschiff wie zuletzt Bayer in erhebliche Schwierigkeiten,
belastet dies den Index erheblich. Hinzu kommt noch, dass in den
vergangenen zwölf Monaten auch die Schwergewichte Daimler und BASF
enttäuscht haben. Dafür konnten aber die Dickschiffe Deutsche
Telekom, SAP und Allianz mit klaren Wertzuwächsen überzeugen, was bei
der Telekom und der Allianz auch mit an ihren hohen Ausschüttungen
liegt.

Würde man nun das Maximalgewicht eines Titels im Dax auf
beispielsweise 5% senken, würde die Schwäche eines Dickschiffes wie
Bayer natürlich deutlich weniger durchschlagen. Doch würde eben auch
die gute Performance einer Allianz oder SAP dadurch weniger zum
Tragen kommen. Den Dax auf 40 oder 50 Titel zu erweitern, würde
übrigens bei sonst gleicher Konstruktion kaum etwas an seinem
Verlauf ändern, der große Einfluss der aufgrund ihrer hohen
Marktkapitalisierung bestimmenden Schwergewichte wäre nach wie vor
gegeben.

Wer den Dax kauft, zum Beispiel über börsennotierte Indexfonds
(ETFs), sollte wissen, was sich mit welchem Gewicht in ihm befindet.
Wer nicht in Bayer, die Monsanto mit dem Produkt Glyphosat erworben
hat, investieren will, sollte den Dax meiden. Investoren, denen der
Dax zu stark schwankt, können indes auch ETFs auf andere, weniger
volatile Indizes zum Dax beimischen. Auch aufgrund des Problems Bayer
ist der Dax zuletzt hinter anderen Börsenindizes zurückgeblieben.
Langfristig überzeugt er hingegen durch hohe Wertzuwächse.
Dax-Investments lohnen also durchaus.

Beim Blick nach vorne ist für den Dax eine gewisse Zuversicht
angebracht. Weil es in Euroland keine Zinsen mehr gibt und
Zinserhöhungen nicht angesagt sind, fließt immer mehr Geld an den
Aktienmarkt und in Dax-Schwergewichte, die oft durch attraktive
Dividenden überzeugen. Auch wird das Problem Bayer immer kleiner,
sinkt doch das Gewicht des Pharmatitels im Dax infolge von
Kursverlusten stetig. Dreht der Kurs hingegen, birgt dies Chancen,
zumindest solange Bayer noch ein Schwergewicht ist.

(Börsen-Zeitung, 30.03.2019)

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