Die technische Analyse von Kapitalmärkten ist
bei vielen verpönt und gilt manch einem als reine Kaffeesatzleserei.
Dieses Urteil treffen aber oft gerade diejenigen, die sich nicht dazu
herablassen wollen, sich eingehend mit den Märkten zu befassen.
Manche Volkswirte arbeiten eben gerne wie Historiker und stellen
allein dar, wie sich Sozialprodukt oder Branchen im vergangenen Jahr
entwickelt haben.
Die Vergangenheit an den Märkten zu analysieren ist zwar richtig –
wir haben ja kaum etwas anderes als diese Erfahrungen. Doch gilt es
dabei stets den Blick nach vorn zu richten, schließlich wird an den
Börsen vor allem Zukunft gehandelt. Dabei liefert gerade die
technische Analyse wertvolle Hinweise.
Die Aktienkurse, eine entsprechende Liquidität vorausgesetzt,
spiegeln nämlich alle Informationen wider. Sie sind oft die ersten
Signale einer konjunkturellen Verschlechterung oder Verbesserung.
Wenn die Gewinne noch zurückgehen und das Sozialprodukt schwächelt,
deuten die Märkte mitunter bereits an, dass es wieder besser wird.
Dies war 2003 und 2009 beim Dax der Fall und könnte auch jetzt wieder
zutreffen. Immerhin hat das deutsche Börsenbarometer seit
Jahresbeginn bereits mehr als 1000 Punkte oder nahezu 10 Prozent
zugelegt.
Wer sich mit Märkten eingehend befasst, erkennt, dass diese sich
über die meiste Zeit in langfristigen Trends befinden. Der Trend ist
dein Freund, so lautet daher auch eine der wichtigsten Ratschläge für
erfolgreiche Anleger. Über die bloße Betrachtung von langfristigen
Charts oder in Form gleitender Durchschnitte wie der 200-Tage-Linie
(und ihrer Richtung) sind diese Trends im Übrigen für jedermann sehr
leicht auszumachen.
Analysten prognostizieren zwar häufig – manche meinen gar immer –
eine Trendwende. Doch das gehört eben zu ihrem Geschäft. Denn
Botschaften, dass sich nichts am Trend ändert und alles bleibt, wie
es ist, sind schwerlich zu vermarkten. Genauso wie vielleicht die
Nachricht, dass der Fasching im Grunde in jedem Jahr dasselbe ist.
Manch fundamental orientierter Chefvolkswirt hat in der
Vergangenheit mitunter besondere Qualitäten entwickelt – und sich mit
einer Vielzahl von Fehlprognosen als recht guter Kontraindikator
erwiesen. Und ein guter Kontraindikator ist ja bekanntlich genauso
viel Wert wie ein guter Indikator.
Vermögensverwalter und Fondslenker erkennen indes den Wert der
technischen Analyse sehr wohl. Sie schauen als Erstes auf Charts,
beobachten Umsätze, relative Stärke und saisonale Muster, weil sie
wissen, dass Kurse schnellere Signale als Fundamentaldaten liefern.
Diese werden gleichwohl genau beobachtet und es wird zu Recht
hinterfragt, ob der Markt nicht bereits vieles weiß, was erst
allmählich in den Zahlen durchscheint.
Auch technische Analysten leben nicht mehr allein auf ihrer Wolke
sieben. Sie achten darauf, was die „Fundis“ sagen, um Über- oder
Untertreibungen zu erkennen. Doch was zeigt nun die Markttechnik
aktuell an?
Der chinesische Shanghai-Composite-Index hat seine Bodenformation
mit einem ausgeprägten Kaufsignal bereits verlassen, stellt Petra von
Kerssenbrock, technische Analystin bei der Commerzbank, fest. Auch
die Verfassung der Aktienmärkte der Schwellenländer insgesamt hat
sich gebessert. Schwieriger wird es beim Dax. „Die Grundtendenz ist
positiv“, sagt von Kerssenbrock. Zwar sei der beschleunigte
Abwärtstrend überwunden, doch befinde sich der Dax noch immer in
einem Trading-Markt. Und im Bereich 11700 bis 12000 Punkte habe er
mit einer ausgeprägten Widerstandszone zu kämpfen.
Andere Techniker merken an, dass der Dax zuletzt schlechte
Nachrichten sehr gut weggesteckt hat und somit Stärke zeigt. Nach
einem gewissen Luftholen um die 200-Tage-Linie könnte der Dax
durchaus im zweiten Quartal die Marke von 12000 Punkten überwinden.
Damit würde der Leitindex wieder in einen Aufwärtstrend drehen. Und
„Kaffeesatzleser“ wissen ja: Der Trend ist dein Freund.
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